Re: Rockisten aller Länder vereinigt Euch

Startseite Foren Kulturgut Das musikalische Philosophicum Rockisten aller Länder vereinigt Euch Re: Rockisten aller Länder vereinigt Euch

#1991241  | PERMALINK

jan-lustiger

Registriert seit: 24.08.2008

Beiträge: 11,206

otisDiese These finde ich nun recht abenteuerlich. Wo findest du im frühen UK-Punk auch nur ansatzweise Ramones-artiges? Die Heartbreakers sind ein Kapitel für sich, da dürften die Dolls im UK mehr Einfluss gehabt haben.

Auf dem ersten Clash-Album etwa? Als „White Riot“ rauskam, war man in New York ganz aufgebracht, dass da jemand die Ramones nachzuahmen versucht. Das muss man nun wahrlich nicht teilen, aber „ansatzweise“ höre ich da sehr viel Ramones-artiges. Bei den Adverts z.B. auch. Hörst du das anders? Zur Einflussfrage: Joe Strummer bezeichnete das erste Ramones-Album als den nötigen Zwischenschritt, den England gebraucht hat, um vom Pub-Rock zum Punk zum kommen, und dass es jeden in der Szene beeinflusst habe und wurde allgemein nie müde, ihren Einfluss zu loben.
Und die Heartbreakers und die Voidoids schlagen sich doch beinahe 1:1 bei den Pistols nieder. „Pretty Vacant“ war gar der Versuch, ein eigenes „Blank Generation“ zu schreiben – auf „Anordnung“ Malcolm McLarens hin, der die Pistols auch nach langer Zeit in New York (u.a. als Manager der New York Dolls) zusammenbrachte. Sogar Johnny Rottens Snottiness im Ausdruck fand man doch vorher schon bei Johnny Thunders, Richard Hell und Stiv Bators.

otisDer US-Punk hatte zu jener Zeit m.W. in keiner Weise den maßstabsetzenden Charakter, wie er dem UK-Punk zukam. Jener war eher Nischenmusik, dieser überrollte zunächst die Insel, dann den Kontinent und die halbe Welt.

US-Punk hatte nie den Erfolg und den unmittelbaren Einschlag wie UK-Punk, das ist wahr. Dennoch hat er Pionierarbeit geleistet, ohne die UK-Punk so nicht möglich gewesen wäre. Siehe McLarens Tätigkeit in den USA vorher und die zahlreichen Musiker von Joe Strummer bis Captain Sensible, die die Ramones als eine der wichtigsten Inspirationen benennen.

otisDie Undertones sind nicht früher Punk und die frühen Buzzcocks waren noch etwas entfernt von ihren Singles-Großtaten.

1978er-Punk schon nicht mehr als frühen Punk zu bezeichnen, halte ich für übertrieben. Es ist ja auch nicht so, dass sich 1978 eine Pop-Explosion ergeben hätte, wegen der die Buzzcocks auf einmal auf Pop-Songs umschwankten und wegen der die Undertones so klangen, wie sie es taten.

otisEs ändert sich halt mit der Zeit: Die Pistols klingen mir heute etwas zu rockig, während die Buzzcocks ihre Leichtfüßigkeit behalten haben, Siouxsie ist mir etwas zu ernst, The Clash sind mir endgültig die liebsten geworden etc. Damals jedoch passte alles unter den Hut des „Wehret dem Hippie, wehret dem Rock“.

Ja, der Punkt steht unverändert: Ob Punk nun rückwärtsgewandt war oder nicht, Rock war er eben nicht und das war ja der Ursprung dieser Diskussion.
(As for me: die Pistols haben mich nie beeindruckt, die Buzzcocks waren eine der größten Popbands aller Zeiten, von Siouxsie sind mir bislang eher ihre 80er-Sachen geläufig, die mit Punk ja nicht mehr so viel zu tun haben, und The Clash wurden m.E. erst dann richtig groß, als sie den Punk hinter sich gelassen haben. Ich mag vieles aus dem UK-Punk, insgesamt gefällt mir aber – wie man vielleicht merkt – die US-Variante besser)

--