Re: David Cronenberg

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napoleon-dynamite
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@KBargmann

Gespalten nicht, aber doch leider an den stets gleichen, unnötigen Komplexen krankend, die so manchen Genre-Regisseur befallen: Seinen Zuschauern beweisen zu müssen, daß man in jedem anderen Fach auch reüssieren könne, vor allem aber ernster. Dabei leben doch gerade seine Horrorfilme von einer einzigartigen Dialektik, sind ausgewogen zwischen klugen Subtexten und exploitativer, perfekter Unterhaltung. Meine Meinung bleibt: Einen besseren, intelligenteren Horrorfilm als „Videodrome“ gibt es nicht, auch keinen gleichwertigen, vergleichbaren, nicht mal von Jacques Tourneur. Überladene, kopfgeile Arthouse-Wälzer sind nicht ergiebiger, „Videodrome“ ist die Welt in 80 Minuten.

Möglicherweise war ja schon „The Fly“ die Kehrtwende, dieses technisch überladene Effekte-Kino, bei dem alle Ideen lediglich in das blubbernde Körperkostüm von Jeff Goldblum gesteckt wurden. Horror zwar noch, aber mit großer Skepsis gegenüber den eigenen Möglichkeiten, sensationell leer letztendlich. Jedenfalls berührt mich seit „Dead Ringers“ keiner seiner kunstbeflissenen, so kühl wie offensichtlich konstruierten Filme mehr. Paul Schrader hat zwei, drei solcher Filme gedreht, „Patty Hearst“ etwa, oder „The Comfort of Strangers“, blutleere Denkübungen mit unnötigem Hang zu vermeintlicher europäischer Schwere. Er besann sich aber schnell wieder auf sein Können, während Cronenberg sich nun schon seit zwei Jahrzehnten dafür feiern läßt, daß er wenig (durchaus lohnend:“Crash“) hinbekommt, damit aber immerhin unter Beweis stellt nicht nur ein Regisseur von Horrorfilmen zu sein. Stand ja auch letztens wieder im RS in der Kritik zu „Eastern Promises“, einem unausgewogenen Schmarrn aus Viggo Mortensens exzellenten darstellerischen Fähigkeiten, hochnotpeinlichen Kommentaren zum Themenkomplex osteuropäischer Prostitution und einem mir nicht verständlichen Interesse an den üblichen Mafia-Klischees. Dabei lasssen sich sogar noch hier für Cronenberg typische Zutaten finden, der tätowierte Körper als Ausdruck psychischer Bedürfnisse zB., mehr als eine Fußnote zum Film ist das leider aber auch nicht. Letztlich nicht notwendig.

Dennoch bliebe Cronenberg alleine für „Rabid“ ein Lieblingsregisseur, selbst wenn er nie wieder einen guten Film dreht.

@sonic
„Shivers“ ist klasse, keine Frage. „Rabid“ besitzt aber diese drängende Dichte, die ansonsten vor allem die Filme von Romero auszeichnet. Man denkt für 75 Minuten tatsächlich, das sei die Welt und wie sie sich drehe. Im Kino hätte es mich jedenfalls nicht verwundert, wenn sich die Begleiterin neben mir Marilyn Chambers-like plötzlich blutig übergeben hätte. Fuckin‘ intense.

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