Peter Lorre

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    travis
    a campaign of hate

    Registriert seit: 10.02.2004

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    Peter Lorre wurde 1904 als Lâszlô Löwenstein in Rosenberg in Ungarn geboren. 1913 übersiedelt seine Familie nach Wien. 1924 ist Lorre erstmals auf einer Theaterbühne zu erleben. In den Jahren 1924-1928 wirkte Lorre in ehr komischen Rollen, wie in Schwänken, Lustspielen und Komödien mit. Sicher sind in dieser Zeit auch Rollen in klassischen Stücken wie Faust 1. Teil und Heinrich IV dabei, aber dann nur als Siebel, einer der lustigen Gesellen in Auerbachs Keller oder als Erster Lakai in Tracht, also in unpopulären Rollen, ohne einen wirklich kreativen Freiraum zu schaffen. Erste große Erfolge am Theater hatte Lorre 1928 an den Wiener Kammerspielen. 1929 ging Lorres Weg nach Berlin, dort wirkte er erstmals, unter seinem langjährigen Freund Bert Brecht, in dessen, geteilter Inszenierung mit Jacob Geis, Pioniere in Ingolstadt mit. Schon hier zeigte sich, das Peter Lorre ein großes schauspielerischen Talent hat, welches ein weitgefächertes Spektrum an unterschiedlichsten Charakteren beinhaltet. Lorre feierte in dieser Zeit große Erfolge an der Bühne, unter anderem an der Volksbühne, am Deutschen Theater, am Schauspielhaus und am Theater am Schiffbauerdamm, mehrmals unter Bert Brecht und mit dessen Helene Weigel.
    Seinen ersten Film drehte Lorre 1929 noch in Österreich, durch seine Bühnenaktivitäten in Berlin, wurde Fritz Lang 1931 auf Lorre aufmerksam. Mit ihm drehte er M – Eine Stadt sucht eine Mörder. Um nicht auf diesen Rollentypen (Hans Beckert) festgelegt zu werden, spielt Lorre in den folgenden Jahren alles was das Storybord hergibt, einen Kriminellen, einen Fotoreporter, einen Autodieb, einen Zeitungsredakteur oder einen Bordingenieur in Bomben auf Monte Carlo. Obwohl er hier gutes komödiantisches Talent beweist, ist er meist doch nur Stichwortgeber für Hans Albers. Nur wenige Regisseure erkennen Lorres Talent. Unter ihnen Kurt Gerron, wo Lorre in Der weiße Dämon/Rauschgift glänzt. Zwar spielt er hier einen dämonischen, glatzköpfigen, buckligen Schurken und obwohl Lorre hier wieder die Rolle des Bösen inne hat, gelingt es ihm, unteranderem durch seine jahrelange Bühnenerfahrung, die Figur so an zulegen, das Lorre einerseits, das eiskalte, geheimnisvolle Böse zeigt, andererseits, die Seite eines , durch seines Körperdefekts, verletzlichen Behinderten.
    Während 1933 die Mehrzahl der Schauspieler in Deutschland bleiben und sich mit der NS-Filmindustrie arrangieren, die Namen sind bekannt, geht Peter Lorre im Februar zurück nach Österreich, welches er bisher noch nicht als Exil definiert. Dort dreht er den Film Unsichtbare Gegner, der ohnehin in Wien entstehen sollte. Im September '33 erkennt Lorre, das es ein zurück nach Berlin, für ihn als Juden, nicht geben wird. Zusammen mit seiner Lebensgefährtin geht er nach Paris. Lorre dreht dort die französischen Versionen von Unsichtbare Gegner und Der weiße Dämon/Rauschgift. In Du haut en bas von G.W. Papst spielt Lorre einen Bettler, der devot, leise und traurig wirkt. Die Rolle ist ohne dramaturgische Bedeutung und nur ein Gastauftritt.
    Trotzdem ist Peter Lorre berühmt. M wurde in viele europäische Länder und die USA verkauft. Zu der Zeit, als sich Lorre in Paris aufhält, ist M noch in den französischen Kinos. Im Frühjahr 1934 reist Lorre nach London, wo ihn Alfred Hitchcock eine Rolle in The Man Who Knew Too Much anbietet. Für Lorre ist dies sein erster englischsprachiger Film. Durch einen Londoner Columbiaagenten, erhält Lorre ein Angebot aus Hollywood und nimmt dies im Juli '34, mit seiner Frau, war. Für Hitchcock wird Peter Lorre noch einmal nach London reisen, im Oktober 1935, nämlich für Secret Agent.
    Für Lorre beginnen in Hollywood neue Aufgaben und Erfahrungen und er scheint am Ziel seiner Wünsche zu sein. Er wechselt, nach seiner Rückkehr aus London, zur 20th Century Fox und Lorre wird bis 1947 vier oder fünf Filme pro Jahr drehen. Nur wenige Emigranten, praktisch kein anderer Schauspieler, waren ähnlich erfolgreich.
    In Josef von Sternbergs Crime and Punishment, welches Dostojewskis Schuld und Sühne, natürlich nur frei nach…, ihm als Vorlage gilt, spielt Lorre den Raskolnikov. Lorre selber soll den Vorschlag gemacht haben, Schuld und Sühne zu verfilmen. Lorre wollte sich nämlich nicht wieder auf negative Rollen festlegen lasse, denn zuvor hatte er in Mad Love den Chirurgen Gogol gespielt und so manch einer, hätte dies als billigen Horror erklärt. Trotzdem zeigte Lorre auch hier mehr als nur ein einseitiges Rollenprofil, er gab seiner Figur Liebe und Güte, Würde und Perversion, Selbsthaß und Verzweiflung. Crime and Punishment stand unter keinem guten Stern, weder beim Publikum noch bei der Presse. Im Time Magazine am 2. Dezember 1935 meinte man: „Am meisten verdankt der Film Peter Lorre als Raskolnikov. So subtil, das man kaum merkt, wie eine Phase in die nächste übergeht…“. Andere meinten auch, das letztendlich die: „fahrige und lustlose Inszenierung Sternbergs … Lorres Anstrengungen zunichte“ mache.
    1937 kommt der erste Teil der Mr. Motoreihe in die Kinos, sieben weitere sollten Folgen, meißt unter der Regie von Norman Foster. Durch den Mr. Moto, wo Lorre einen kleinen gewieften Kunsthändler spielt, erlangt er nicht nur Erfolg bei Publikum, sondern das Studio fährt auch Gewinne mit dieser Serie ein. Die Mr. Motofilme werden bis 1939 gedreht, danach spielt Lorre in den sogenannten Noirfilmen mit, unter anderem in Stranger on the Third Floor, wo er den unschuldig angeklagten Michael Ward spielt.
    The Face Behind The Mask von Robert Florey erscheint 1941. In dem Film spielt Lorre die Rolle des ungarischen Emigranten Janos Szabo, wahrscheinlich die einzige Rolle die Lorre jemals auf den Leib geschrieben worden ist, zumindestens dem Emigranten Peter Lorre. John Huston drehte mit ihm im selben Jahr seinen Erstling The Maltese Falcon. Huston, der wenig Extravaganz zeigt, überläßt den Film seinem Star Humphrey Bogart, selbst dessen Kontrahenten müssen Bogart zuarbeiten. Lorre, der die Rolle des Ganoven Cairo spielt, sticht aus dem Ensemble nicht sonderlich heraus, außer vielleicht Sydney Greenstreet, der prompt für den Oscar nominiert wird. Mit Greenstreet wird Lorre allerdings sieben weitere Male vor der Kamera stehen. Meist wird der schwergewichtige Grennstreet, der auch noch älter ist, mehr im Vordergrund stehen als Lorre. Trotzdem wird Lorre nachgesagt, das er in all diesen Begegnungen sich seine Eigenständigkeit bewart hat und Greenstreet gegenüber hinaus sticht. Üblich war es zu der Zeit auch, das von Filmen Hörspielversionen produziert wurden. Im Falle von The Maltese Falcon kopierten fast alle Schauspieler ihre Figur aus dem Film. Lorre hingegen, legte seiner Stimme mehr Ausdruck und hebte dadurch Cairos effeminiertes Gehabe.
    In Michael Curtiz Casablanca spielt Peter Lorre den undurchsichtigen Ugarte. Auch hier ist die Rolle Lorres ehr klein, bringt aber die Handlung des Films in Gange. Lorre spielte bis hierhin fast nur Nicht-Amerikanische Rollen, ihm erlitt es wie so viele Emigranten, das sie nur Ausländer spielen durften und diese waren meißt Schurken, Verbrecher oder Mörder, bei Lorre ist die Ausnahme Mr. Moto, und deshalb ist die Rolle des Ugarte in Casablanca emblematisch für den Beitrag, den er und viele andere Exilanten zur Filmindustrie in Hollywood leisteten. Man darf die Rollen aber nicht überbewerten, weil Lorre bereits vor seiner Emigration auf den Typ des Außenseiters festgelegt war. Sei es in seinen Rollen am Theater oder in M, wo er klar erkennbar, durch seinen leicht Wienerischen Dialekt auffällt, und im starken Kontrast zu Berliner Schnauze der Unterwelt steht und zum gestochenen Hochdeutsch der Figur von Gründgens. Ironie des Schicksals: Häufig spielen Hitler Verfolgte Nazi-Komparsenrollen. Lorre spielte allerdings nur zweimal einen Charakter die ihn eindeutig als Deutschen identifizierten, 1943 in The Cross of Lorraine einen sadistischen Lageraufseher und 1945 in Hotel Berlin den Professor König. Beide Rollen sind aber wenig von Bedeutung und sollten nur als Beispiel zu sehen sein, für die Rollentypen der Emigranten die sie zu dieser Zeit spielen mußten. Von 1941-1946 gehörte Lorre zum lebenden Inventar von Warner Bros., er spielte in dieser Zeit in fünfzehn Filmen mit. Es war auch nicht selten das erfolgreiche Schauspieler zusammen in mehreren Filmen vor der Kamera standen, wie oben geschrieben, stand er mit Sidney Greenstreet alleine acht mal, mit Bogart vier mal vor der Kamera.
    1946 steht Lorre in Don Siegels Regiedebüt The Verdict mit Greenstreet das letzte mal zusammen vor der Kamera. Greenstreet spielt einen zwangspensionierten Chefinspektor und Lorre einen befreundeten Karikaturisten. Lorre kann sich auch in diesem Film nicht Freispielen, Greenstreet steht im Mittelpunkt und Lorre kreist wie ein Trabant um ihn herum und wirft ihm die Stichworte zu.
    Die letzten beiden Filme für Warner Bros. waren The Beast with the Five Fingers und Three Strangers. The Beast with the Five Fingers wurde von Robert Florey inszeniert, der mit Lorre zuvor das Meisterwerk The Face Behind The Mask gedreht hatte. Für beide soll dieser Film als Dokument des Übergangs gesehen werden. Erstens, verabschiedet sich Florey, genau wie Lorre, in die Unabhängigkeit, zweitens hat Florey Lorre soviel Spielraum für die Gestaltung des Parts gelassen, wie kaum ein anderer Regisseur zuvor. Lorre spielt den düsteren, verwirrten Hilary, seine Darstellung erinnert an das schlafwandlerische des Gogol in Mad Love, aber das so unglaublich facettenreich, das Kritiker von seinem Film sprechen.
    Peter Lorre ist nach seiner Trennung von Warner Bros. eine bekannte Person, ein Figur des öffentlichen Lebens, einer der erfolgreichsten Schauspieler Hollywoods. Lorre gründet seine eigene Produktionsfirma, in der Absicht endlich einmal Regie zu führen, aber Lorre konnte mit der Firma weder Filme realisieren, noch Regie führen, Lorre muß später sogar Konkurs anmelden. Er hat viel erreicht in Hollywood, wovon einige bloß träumen konnten. Ein großer Traum, nämlich eine Karriere am Broadway, wird sich für Lorre nie richtig erfüllen. In den nächsten Jahren gibt er Lesungen von Dostojewski, Poe, Heine oder Puschkin, seine Lesungen über Edgar Allan Poe machen ihn sogar erfolgreich, aber ehr auf einer wenig kommerziellen Ebene. Lorre arbeite viel fürs Radio, macht unendlich viele Hörspiele, aber dreht auch weiterhin Filme. Projekte die Brecht mit ihm machen wollte, verfliegen sich im Sand. Lorre ist genervt, es bieten sich keine wirklich interessanten Aufgaben mehr für ihn in Hollywood. Lorre ist Bankrott, Alkoholabhängig und Morphiumsüchtig.
    Im Mai '49 reist Lorre mit seiner Frau, seiner zweiten, nach England und tourt mit Poes Einakter durch die britische Provinz.
    Der Produzent Arnold Pressburger, bekannt durch Hangmen Also Die!, fuhr nach dessen guten Kritiken nach Deutschland, um dort an seinem letzten Projekt zu arbeiten, Der Verlorene. Vorgesehen hatte Pressburger für die Hauptrolle und die Regie Peter Lorre.
    Lorres nervenaufreibendes Nomadenleben durch England, hat Spuren hinterlassen. Seine Ehe scheitert und Lorre beschließt, als nichts mehr geht, nach Deutschland zurück zukehren. Auf Einladung der Militärbehörde tingelt er durch Kriegslazarette und Amerika-Häuser. Ein Angebot von Brecht, am Berliner Ensemble den Hamlet zu spielen, lehnt Lorre jedoch ab. Lorre muß sich jetzt nicht nur wegen Gelbsucht und Stirnhöhleneiterung in ein Sanatorium begeben, sondern auch wegen seiner Abhängigkeit von Morphium und Alkohol.
    Lorre ist froh, das Angebot von Pressburger bekommen zu haben. Endlich kann er Regie führen, für ihn einer der ganz großen Träume. Lorre hatte schon 1933 das Angebot gekriegt in Deutschland Regie zu führen, aber durch den aufkommenden Nationalismus lehnte er dies strickt ab. Durch ein Telegramm von der Ufa, Goebbels verlange sofortigen Vertragsabschluß, auch für Regie!, schrieb Lorre lakonisch zurück: “Für zwei Mörder wie Hitler und mich ist in Deutschland kein Platz.”
    Im November 1950 beginnen in Hamburg die Dreharbeiten zu Der Verlorene. Die Dreharbeiten stehen unter keinem guten Stern. Aufkommende Zahlungsschwierigkeiten, der zweite Hauptdarsteller, Karl John, erlitt einen komplizierten Oberschenkelhalsbruch, der Produzent Arnold Pressburger stirbt, sein Sohn Fred leitet den Rest der Produktion, außerdem verbrennt der komplette Rohschnitt beim Kleben. Nach langem Hin und Her wird Der Verlorene, am 9. September 1951, dem letzten Tag der Biennale doch noch uraufgeführt. Die Kritiken sind gut, aber nachdem der Film in die Kinos kommt, sind die Menschen wenig begeistert vom Versuch der Vergangenheitsbewältigung. Der Film findet ein rasches Ende.
    Lorre ist enttäuscht, bleibt bis Dezember ‘51 noch in Deutschland und zieht sich dann für immer, mit einer Kopie seiner einzigen Regiearbeit, nach Amerika zurück. Fred Pressburger sollte Der Verlorene als The Lost One mit englischen Untertitel in den USA aufführen. Die Spur verliert sich. Erst 1981 führt Stirling W. Smith den Film beim Fan Francisco Film Festival auf.
    Nach dem wirtschaftlichen Fiasko von Der Verloren kehrte Lorre – als Regisseur und als Heimkehrer gescheitert, als Schauspieler abgeschrieben – nach Hollywood zurück. Doch die Verhältnisse haben sich inzwischen geändert. Produktionen, in denen man auch in der zweiten oder dritten Reihe noch unvergeßliche Gestalten modulieren konnte, wo es Kunst, kein Ritual war, wie Stars zu kommunizieren, gab es nicht mehr. Lorres bevorzugtes Genre, dem Film Noir, hatte Zeit und Politik gefressen. So fristet Lorre in den fünfziger Jahren sein “Gnadenbrot” in Fernsehserien, Comedy Shows, B- oder C-Filmen und selbstparodistischen Rollen in Großproduktionen, wie 20000 Leagues Under The Sea und Around The World in 80 Days. Trotz dieser schwierigen Situation, erging es Lorre immer noch besser als so manch anderer Schauspieler in seinem Alter. Denn noch immer war es ihm möglich, sich seine Rollen selbst anzupassen und eigene Kommentare einzuflechten, was Lorres stärke immer war, außerdem wurde er von ein paar Regisseure immer noch respektvoll behandelt.
    Am deutlichsten sieht man das vielleicht in einer Fernsehproduktion zu Casino Royale, wo er wieder einmal, den Bösen, den Gegenspieler zu James Bond spielen muß. Dabei sehen wir in seinem Gesicht mehr, als die Rolle vorschreibt: den alten Sadismus und eine müde Trauer darüber, das wieder nur diese Part für ihn vorgesehen ist.
    Das Doppelspiel wird Lorres bester Part in den Filmen der Fünfziger- und Sechziger Jahre.
    In den Filmen dieser Zeit schaut Lorre auch stets Traurig, auf eine Weise, wie es sonst nur Kinder oder alte Greise tun. Es hilft, Lorre als Opfer des Opferbildes verstehen zu können, wenn man solche Filme mag. Lorre tritt in Slapstick-Komödien mit Jerry Lewis, 1957 in The Sad Pack auf, oder er gehört zum festen Inventar von Abenteuerfilme für Kinder und Erwachsene, wie 20000 Leagues …Around the World … und Five Weeks in a Balloon von 1962. Lorre ist jetzt eine Ikone der Vergangenheit, liebevoll, verschroben, fast eine Märchengestalt.
    Den letzten Erfolg hatte er in Roger Cormans komischer Postscript zu seinem Edgar-Allan-Poe-Zyklus, bestehend aus Tales of Terror von ‘62, The Raven ‘63 und The Comedy of Terror von 1964. Corman ließ in diesen drei Filmen Peter Lorre, Vincent Price sowie Boris Karloff machen, wozu sie Lust hatten. Kritiker sagen, das Lorre in diesen Filmen Peter Lorre war. Lorre, der inzwischen zum Fleischklops mutierte, soll mit so einer Herzlichkeit in seiner Arbeit aufgegangen sein, er, Price und Karloff sollen aberwitzige Dialoge geführt haben, das es ein Traum war ihnen zu zugucken. Wie gesagt, Corman ließ drei alternde, ehemals erfolgreiche Schauspieler, machen wozu sie Lust hatten, nämlich zu Schauspielern. Einen Sinn, gab es in allen drei Filmen nicht, es waren Filme für Price, Karloff und vor allen Peter Lorre. Seinen letzten Part hatte Lorre in dem unglücklichen
    Jerry Lewis-Film The Patsy von 1964.
    The Face Behind The Mask gehört zu meinen Lieblings Lorrefilmen, weil er da, ähnlich wie in Crime and Punishment, eine unglaubliche Leistung seiner Schauspielkunst gibt. In die Figur des Szabo liegt Lorre fast alle Eigenschaften des menschlichen Charakter. Das beginnt mit einer Euphorie, einem Glücklich sein, einem Hoffen, einem Erleben und einem Lernen, wenn man die Szenen auf dem Schiff, oder die ersten unsicheren Schritte in New York von Szabo sieht. Dann diese, nach dem Unfall, in sich gegehrte, unsichere, verletzte, traurige Figur, die Lorre zeigt, seine Stimme ist leise, fast flüsternd, nur damit man nicht sein Gesicht sieht, damit sich niemand näher mit ihm beschäftigen kann. All das zeigt Lorre, mit Körpersprache und Stimme, sein Gesicht ist in dieser Phase nicht zu sehen, nur sein Rücken oder sein Hut, mit dem hochgeschlagenen Kragen. Dann, Szabo ist kriminell geworden, Chef einer Bande, Lorres Gang ist aufrechter, seine Gesten wirken entschlossener, er ist nicht mehr ängstlich oder naiv wie am Anfang, er ist ein anderer Mensch, hat keine Angst sich hinter seiner Maske zu verstecken. Dann lernt Szabo ein Mädchen kennen, Lorre wird wieder ruhiger, liebevoller, zärtlicher. Am Ende, als Szabos Freundin tot ist und er ihre Mörder sicher in den Tod bringen wird, zeigt Lorres Gesicht Rache, aber müde Rache und diese müde Rache ist überlegen, denn Szabo weiß, das auch er sterben wird. Szabo blickt müde und doch mitleidig auf die Gangster, ein Blick, den später Der Verlorene auf Deutschland werfen wird. Was Lorre als Janos Szabo zeigt ist genauso maßgebend wie die Figur des Hans Beckert, nämlich absolut brillant. Lorre gibt nicht nur schwierige Charaktere, sondern auch ganz einfache, ehr unscheinbare Figuren. Ich muß sagen, das ich auch ein ausgesprochener großer Fan seines Mr. Moto bin. Lorre spielt diesen netten, kleinen Japaner, der aber alles andere als das ist.
    Die wichtigsten Filme von Peter Lorre sind, zweifelsohne, M, The Face Behind The Mask und Der Verlorene. Das sind nicht viele Filme, wenn man bedenkt das Lorre über 35 Jahre als Schauspieler gearbeitet hat und in über 90 Kinofilmen, Fernsehproduktionen oder Radioshows mitgewirkt hat. Vielleicht hatte man ihm die Hauptrolle nie oft genug zu getraut, Lorre war immer einer aus der zweiten Reihe, ein Zuspieler, eben ein sehr, sehr guter Nebendarsteller, der fast alles konnte und vielleicht war das sein Unglück. Wie Elfriede Jelinek mal bemerkte: “kaum ein andrer Schauspieler ist ja dermaßen klischeehaft eingesetzt worden, aber eben in sehr viele Klischees, dieses Gesicht fordert doch dazu heraus, das er typisiert besetzt wird, aber kaum hat man den Typus im Buch des Lebens nachgeschlagen, ist er schon ein andrer, es ist ja nicht mal sein Alter feststellbar, das es bleibend ist, nicht einmal im Lauf eines einzigen Films, denn er ist ja zehn oder hundert Jahre zugleich”.
    Peter Lorre ist 1964, vermutlich, nach einem Schlaganfall, in Hollywood gestorben.

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    latho
    No pretty face

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    Toller Text!

    Ich habe Lorre als Kind zuerst in 20.000 Leagues gesehen und fand ihn da schon toll. „Der Verlorene“ hat mich positiv überrascht.
    Lorre hatte aber auch immer Pech (wie viele aufrechte Schauspieler seiner Zeit) – Exil, fremdsprachige Umgebung. Außerdem ist sein Mr. Moto Japaner und damit war dann spätestens nach Pearl Harbour auch Schluß…

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    travis
    a campaign of hate

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    Originally posted by latho@25 Sep 2004, 12:01
    Toller Text!

    danke! hat mich eine woche meines urlaubes und ein paar flaschen wein gekostet. anscheinend sind wir die einzigen die Peter Lorre kennen (was ich aber nicht glaube).

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    #2332689  | PERMALINK

    Anonym
    Inaktiv

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    Originally posted by Travis@28 Sep 2004, 21:52
    anscheinend sind wir die einzigen die Peter Lorre kennen (was ich aber nicht glaube).

    natürlich nicht.

    Im Film-Dienst war im Juni auch ein längerer Artikel über ihn…

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    #2332691  | PERMALINK

    travis
    a campaign of hate

    Registriert seit: 10.02.2004

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    Originally posted by NiteOwl@28 Sep 2004, 21:06
    Im Film-Dienst war im Juni auch ein längerer Artikel über ihn…

    ich habs gelesen! und wie ist deine meinung über ihn?

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    #2332693  | PERMALINK

    joerg-koenig

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    Gott hat Peter Lorre erschaffen, damit er Joel Cairo spielt. Ich meine das erheblich weniger unernst als es klingt.

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    Wenn wir schon alles falsch machen, dann wenigstens richtig.
    #2332695  | PERMALINK

    latho
    No pretty face

    Registriert seit: 04.05.2003

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    Originally posted by Jörg König@29 Sep 2004, 20:29
    Gott hat Peter Lorre erschaffen, damit er Joel Cairo spielt. Ich meine das erheblich weniger unernst als es klingt.

    Gott hat ihn nicht nur dafür erschaffen – Lorre war auch in einigen anderen Rollen gut. Oft unauffällig (natürlich nicht als Cairo), aber gut.

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    #2332697  | PERMALINK

    joerg-koenig

    Registriert seit: 09.08.2002

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    Klar war der nicht nur als Joel Cairo gut. Aber in der Rolle war er so gut, dass ich jedesmal fast vor Glück vergehe, wenn ich den Film sehe. Deshalb habe ich ihn auch nie aufgenommen; hätte ihn jederzeit verfügbar, würde ich meine Abende mit nix Anderem verbringen.

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    Wenn wir schon alles falsch machen, dann wenigstens richtig.
    #2332699  | PERMALINK

    latho
    No pretty face

    Registriert seit: 04.05.2003

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    Originally posted by Jörg König@30 Sep 2004, 19:47
    Klar war der nicht nur als Joel Cairo gut. Aber in der Rolle war er so gut, dass ich jedesmal fast vor Glück vergehe, wenn ich den Film sehe. Deshalb habe ich ihn auch nie aufgenommen; hätte ihn jederzeit verfügbar, würde ich meine Abende mit nix Anderem verbringen.

    Schlau! Eine Art Selbstschutz. Hätte ich das mal gewußt, als ich mir damals die Video-Kassette von „The Fabolous Baker Boys“ gekauft habe – ich wurde drei Wochen nicht gesehen…

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    #2332701  | PERMALINK

    joerg-koenig

    Registriert seit: 09.08.2002

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    Naja, das Schöne am Falken ist ja unter Anderem seine fast ständige Verfügbarkeit beim Kabel-Anschluss. Auf irgendeinem Dritten läuft er ja fast alle drei Wochen, da ist der Verzicht recht unasketisch.

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    Wenn wir schon alles falsch machen, dann wenigstens richtig.
    #2332703  | PERMALINK

    travis
    a campaign of hate

    Registriert seit: 10.02.2004

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    wie ich erst heute erfahren habe, ist Lorres Der Verlorene schon ende november bei Arthaus erstmals auf dvd veröffentlicht worden. darauf ist noch ein portrait enthalten, Peter Lorre – Das doppelte Gesicht von Harun Farocki, und eine doku über die entstehung des films, Displaced Person – Die Entstehung von Peter Lorres Film von Robert Fischer, sowie eine booklet. fein fein, lohnt sich also! dann kann ich endlich meine grottenschlecht kopierte kassette wegschmeissen…ach nee, da ist ja noch Fire walk with me drauf, aber egal, trotzdem yeeha…

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    Let's rock and roll/put some real hip hop in your soul/over this track there's no stoppin the flow/let's blast off in a ridiculous way/face off, like Nicolas Cage
    #2332705  | PERMALINK

    innominate

    Registriert seit: 04.10.2006

    Beiträge: 115

    Der Release ist echt gut. Die Dokumentationen „Das doppelte Gesicht“ und die über die Entstehung des Films sind einfach super!

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    "Ich würde lieber einen Film über jemand machen, der seinen Hund ausführt, als über den Kaiser von China." - Jim Jarmusch
    #2332707  | PERMALINK

    scorechaser

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    Beiträge: 46,551

    Peter Lorre ist faszinierend. Ich denke, so ganz konnte er seine berühmteste Rolle des Mörders in „M“ nie ganz abschütteln, genauso wie Anthony Perkins seinen Norman Bates. Lorre ist ein unheimlich vielschichtiger Schauspieler gewesen, der immer ein gewisses Mysterium austrahlte. Man konnte ihn nie ganz fassen, er schien irgendwie undurchdringlich. Gibt es eigentlich gute Biographien über ihn? Sein Leben war ja mehr als interessant…

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    "Film is a disease. And the only antidote to film is more film." - Frank Capra
    #2332709  | PERMALINK

    baluonly

    Registriert seit: 23.06.2011

    Beiträge: 1

    @travis – nein nein Du bist nicht allein ;)
    Toller Text Travis!! *lob lob*

    Schon schade das Lorre hier so unbekannt ist.

    Eine super Biografie (allerdings nur in Englisch) gibt es von S. Youngkin:
    http://www.peterlorrebook.com/

    Auch über Amazon.de zu bestellen!

    Kürzlich kam zum 80jährigen eine DVD zu „M“ raus mit „neuem“ Ton.

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