Re: Jean-Luc Godard

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gypsy-tail-wind
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Gestern abend nach Godard gesucht und diesen alten Thread gefunden (sowie einen alten Sterne-Thread und einen anderen über eine DVD-Box).
Hoffe, es stört niemanden, wenn ich hier Wiederbelebungsversuche unternehme statt eine neue Diskussion zu starten!

Bis zu Post #95 fand ich das übrigens ziemlich… ärgerlich ist übertrieben, sagen wir unbefriedigend, dieses hin und her über „Le mépris“… aber na ja, in #95 kam dann soviel Enthusiasmus zum Vorschein, wie das bei mir seit 10 Jahren oder so immer wieder geschieht, wenn ich mit Godard in Kontakt komme!

Eine kleine Nebenbemerkung zu Le mépris sei mir erlaubt: hat niemand sonst den Film auch als eine Art Demontage des „Mythos BB“ gesehen? Ich will ihn keineswegs darauf reduzieren (und es ist mir im übrigen auch ziemlich egal, wer wen verachtet und weswegen – und ja: das Auto ist rot! Und ja, die Villa von Malaparte ist unglaublich toll! :-) ), aber ich fand das durchaus eine interessante Facette. Es geschieht weniger auf der Handlungsebene als im Filmischen… diese Nacktszene (na ja, nackt…) – von der ich nicht wusste, dass die nachträglich gemacht werden musste – die gehört da wohl mit rein und ist insofern ein starkes Stück Kino!
Und zu den Referenzen und dem Film im Film… ich liebe das alles, als intellektuelle Spielerei, als schelmischen Spass, als Anregung zum Nachdenken etc etc – für mich ist das Unterhaltung im besten Sinne, die nicht nur Zeit vertreibt sondern zum weiterdenken anregt.
Vielleicht sind auch die Zitate und Referenzen, bzw. deren Erschliessung und Zuordnung, gar nicht so wichtig – was mich am meisten fasziniert ist die Reflexion über das eigene Tun, dass im Film, den wir sehen, ein Film gemacht wird – wohl nicht der, den wir sehen, aber so ganz trennen lässt sich das alles ja nicht. Bemüht und steif finde ich da jedenfalls gar nichts!
Allerdings sei noch angemerkt, dass es ziemlich lange her ist, dass ich den Film im Kino gesehen habe (ich schau mir solche Filme fast nie auf DVD an, und das auch nur bei solchen, die zuvor schon im Kino gesehen habe – will mir ja den ersten Eindruck nicht verderben…)

Habe neulich Une femme est une femme wiedergesehen – eine Collage, ein Geschnipsel, ein grosser Spass! Wie die Musik nicht synchron geschnitten ist und noch heute am Anfang des Filmes einige Leute grad unruhig werden, wenn der Ton zum ersten Mal ausfällt… überhaupt, wie schon der erste Schnitt fehlerhaft ist… und dann der Kurzauftritt der grossen Jeanne Moreau, wie sie über „Jules et Jim“ (Tschim!) spricht.
Ein wunderbarer Spass!

Im Mai (bzw. ab morgen schon) werde ich ca. 3 Wochen mit Godard und Truffaut beschäftigt sein, v.a. mit ihren frühen Filmen. Ich kenne wohl mehr als die Hälfte des Programmes bereits, freue mich aber darauf, auch die meisten mir schon bekannten Filme erneut zu sehen!

Und zum Ende nochmal JLG, über „Le mépris“ (neben „Week End“ – für mich der Film aller Filme, das Ende des Kinos… oder so ähnlich :lol: ):

«Le mépris», so Godard, «ist ein einfacher Film ohne Geheimnisse, ein aristotelischer Film des äusseren Scheins, der in 149 Einstellungen beweist, dass im Kino wie im Leben nichts Geheimnisvolles ist, nichts, was es zu erläutern gäbe, man braucht nur zu leben – und zu filmen.» (Quelle)

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