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Prodigal SonMeine Güte, was hast Du denn an „Shine A Light“ auszusetzen? Daß Jagger immer noch „auf der Bühne rumhüpft“? Daß sie einfach nie aufhören wollen….
Wenn man einen Beweis dafür braucht, dass Rock’n’Roll fit und vital hält, ist „Shine a Light” ein beeindruckender Film. Wie Mick Jagger über die Bühne fegt – Chapeaux. Wenn man sich aber klar macht, dass da 60-Jährige auf der Bühne stehen und sich so benehmen, als wären sie 20, ergibt sich daraus mindestens unfreiwillige Komik. Wenn ich etwas länger drüber nachdenke, bedrückt es sogar, denn es hat etwas Würdeloses, im Alter so zu tun, als sei man noch jung. Verweigerung leugnet die Tatsache nicht. Ich sehe in den Zusammenhang die Zwangsläufigkeit nicht, also dass es nicht anders geht – sie haben sich eben nie um Entwicklung bemüht.
Musikalisch mochte ich den Mix nicht: Die Gitarren sind zu weit vorn – vielleicht sind es auch nur zu viele Gitarren, denn Jack White spielt in vielen Songs auch noch akustische Gitarre. Jagger spricht zuviel statt zu singen; das führt dazu, dass die Songs nicht klar hervortreten, und für Zuschauer, die mit dem Repertoire nicht so vertraut sind, nur schwer zu erkennen sind, gerade bei den weniger bekannten Stücken. In vielen Momenten war der Auftritt nur Tempo und Riffing, und Backgroundsängerin Lisa Fisher ist es zu verdanken, dass man die Songs identifiziert – sie singt die Melodiebögen.
Etliche Stücke hinterließen keinen weiteren Eindruck: „Shattered” zum Beispiel, nur Druck und Tempo, links rein, rechts raus; das Duett mit Christina Aguilera – instantly forgettable; das Stück, dass Mumie Keith singt – pfftt. „Some Girls” war – wie einige Songs – zu schnell; im Studio funktioniert das Stück sehr gut, da ist das Tempo schön suppendick, sind die einzelnen Instrumente filigran aufeinander abgestimmt, aber live ging das verloren. Auch „Tumbling Dice” litt darunter. Insofern war für mich die Live-Performance unterm Strich nur mittelmäßig.
Filmisch waren die Interview-Snippets aus den 60ern und 70ern das Beste, ein reizvoller Kontrast zum Bühnengeschehen, und – wegen der Fragen, die ausgewählt wurden: „Wie lange machen Sie das noch?” – ja auch implizit Hinweis darauf, dass den Stones selbst die Altersfrage bewusst ist. Erfreulicherweise zeigen sie sich da selbstironisch.
Was sagt eigentlich der Fan dazu, dass Christina Aguilera bei den Stones auf die Bühne kommt?
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„Weniger, aber besser.“ D. Rams