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FletcherIch bitte um Einschätzungen. (Hauptsächlich bei Antony)
Wollte mich eigentlich gleich wieder in mein Scheckenhaus zurückwerfen und einen Film genießen, aber dennoch in aller Kürze (kann bei Bedarf morgen weiter ausführen).
„Songs of love and hate“ hat sich – nach anfänglicher Skepsis – ungemein gemacht, um nicht zu sagen zu einem meiner absoluten Alltime-Favs entwickelt. Dass es etwas Besonderes birgt hatte ich schon nach dem ersten Hören verspührt, aber sein drittes Werk ist mehr als ein Klassiker. Ein intimes und dennoch zu manchen Teilen regelrecht offensives und sprödes Werk, stürmisch und erhaben, zu jeder Zeit detailverliebt. Und es ist an manchen Punkten sogar durchaus psychedelisch, finde ich. Wie sich die elektronischen Raffinessen in „Dress rehearsal rag“ unter das klaustrophische Gitarrengerüst und den knirschenden Gesang mischen oder bei „Sing another song, boys“ die Wellen noch höher schwappen lassen – absolut einmalig. Ein Königswerk, sehnsüchtig und dennoch gediegen, als hätte es allen Schmerz der Welt bereits in sich aufgenommen und wäre dennoch nicht daran zu Grunde gegangen.
„I am a bird now“ ist da doch eine etwas andere Art der Darbietung. Ein von Grund auf aufs Höchste empfindliches und dadurch angreifbares Werk. Wenn Hagarty tatsächlich eine Frau wäre, würde er wohl Melanie heißen und mir damit umso mehr Tränen in die Augen treiben. Sein zweites – und für mich bisher einziges – Werk habe ich sofort ins Herz geschlossen, auch wenn ich es bis dato für definitiv nicht gänzlich perfekt halte. Was manches Mal etwas aus den Fugen gerät, wird aber durch die schier grenzenlose atmosphärische Dichte wieder aufgefangen. Im Gegensatz zu vielen (?) ist mir Antonys Vortrag auch zu keiner Zeit zu larmoyant, obwohl ich die „emotionale Inkontinenz“ auch nicht verschweigen würde (letztere ist bei mir aber nicht negativ belegt) – im Grunde sind es mehr die Gastsänger, die mir in der Musik an manchen Stellen kleine Steinchen vor die Füße werfen. Der größte Wainwright-Fan bin ich nicht, Boy George mag ich nach dem hier Gehörten noch weniger und freue mich immer, wenn der drollige Kerl mit dem Gesicht eines Dreizehnjährigen wieder das Ruder übernimmt (We felt so differently then. So similar over the years). Um mich kurz zu fassen: „I am a bird now“ ist ein fantastisches Album und ein schönes Beispiel, wie tief Musiker in die eigene Gefühlswelt Eintritt gewähren. Das schmeckt manchen dann vielleicht zu salzig (:Träne wegwisch:), Tracks wie „Man is the baby“ oder der fantastische Abschluss gehören aber zum besten, was mir unter gefühlsbetonter Musik bisher unter kam. Danke für den Tipp, natürlich.
Gute Nacht :wave:
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Hold on Magnolia to that great highway moon