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Zur Erinnerung: CD erscheint am 26.4.
Die Plattentests.de Rezension liest sich wie folgt:
Erkenntnis Nummer eins bei Archives neuem Album: Einen Übersong wie „Again“ schreibt man vermutlich nur einmal im Leben. Denn so sehr man sich als gespannter Hörer die Platte überaus erfolgreich schönhört, bleibt die Überwältigung, die Fassungslosigkeit, die atemberaubte Faszination dieser Hymne für die Ewigkeit bei den Songs von „Noise“ aus. Dabei macht das vierte Album der Briten eigentlich ziemlich genau dort weiter, wo „You look all the same to me“ vor ziemlich genau zwei Jahren aufgehört hatte.Ein wenig rockiger sind Songs wie das bittere „Fuck U“ geworden, eine Spur psychedelischer und vielleicht ein wenig wärmer im Vergleich zu mancher metallischen Neurose des Vorgängers. Und doch langt „Noise“ noch immer mitten hinein in die Seele, packt Ängste und Sehnsüchte am Schlafittchen und zaubert einen wundersamen Moment nach dem anderen herbei. Sei es die Lakonie, mit der Zeilen wie „So fuck you anyway“ erklingen, sei es das unheilvolle Dräuen von „Waste“ oder die verzweifelte Süße des Nicht-Schlummerliedes „Sleep“.
Das Konzept „Heile Welt“ glänzt auch auf „Noise“ durch konsequente Abwesenheit. Im Kleinen wie im Großen. „Talk to me / I haven't said a word in days.“ Selten wurde Sprachlosigkeit mit derlei musikalischer Eloquenz fühlbar gemacht. Archives zum Bombast tendierende Soundtracks fesseln selbst in routinierteren Momenten. Schicht um Schicht türmen sich die Klänge übereinander wie ein hinterhältig pulsierender Kopfschmerz. Doch nur selten findet sich das Ventil einer befreienden Explosion.
Gut, der schüchterne „Love song“ kommt trotz schonungsloser Selbstbezichtigung etwas zu zuckrig daher, und auch das abschließende „Me and you“ kitscht arg sakral vor sich hin, bis am Ende ein zerlegtes Verstärkerröhren dem Piano auf die Finger klopft. Dennoch bleiben die Gefühle meist nicht nur bloße Geste. Denn die bisweilen Orwellsche Thematik des Albums läßt kein Aufatmen zu. Depression, Verzweiflung, Monotonie. „Stay in your coma / In your own frustration“, lauten nicht umsonst die ersten Zeilen des Albums. Wenn zudem Craig Walker sich zum pochenden Groove von „Pulse“ ins Falsett wirft oder in „Get out“ seine Kehle mit allem Nachdruck durch den Dreck zieht, ist man mittendrin im Drama von Archive. „How long / Til I sell / My mother / So I become / Important to you.“ Der Mensch zerbricht an sich selbst. Und an seinen Leidenschaften.
7 von 10 Punkten
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