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Alles alte Knacker
Von Stefan Krulle
Altherrenparty im ZDF: Wie Thomas Gottschalk in seiner Show „50 Jahre Rock“ in drei langen Stunden den Rock'n'Roll verriet und dem Sender ein popkulturelles Waterloo bescherte.
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Rock-Experte Gottschalk: Wer einen braunroten Lederanzug besitzt, sollte doch wohl mitreden können
Das ZDF ist ein Sender mit ungeheuer großer Erfahrung. Auf dem Mainzer Lerchenberg weiß man seit Jahrzehnten, wie sich die Gebühren-Millionen unbehelligt verwalten und Quoten zu Programmen machen lassen, obwohl für den öffentlich-rechtlichen Sender Quoten natürlich gar keine Rolle spielen dürfen. Was man beim ZDF absolut gar nicht weiß ist, wer von den verdienten und leidlich verdienenden Unterhaltungs-Zugpferden bei der Jugend punkten könnte.Anders ist nicht zu erklären, dass für diese senderfremde Klientel wieder und wieder ein Mann namens Thomas Gottschalk ins von vornherein verlorene Rennen geschickt wird, der einst in den siebziger Jahren als Münchner Radio-Discjockey anfing und seine größten Kompetenzen ansonsten an der Seite von Mike Krüger in unerklärlich erfolgreichen Kinofilmen bewies.
Weil dieser Mann aber als Urgestein des TV-Entertainments und beim ZDF zudem als musikalische Instanz gilt, und solche Titel ja längst nicht mehr hinterfragt oder gar in Frage gestellt werden, durfte „Thommy“ Gottschalk am Samstagabend die bislang schlechteste Show der deutschen Fernsehgeschichte zum Thema Rockmusik moderieren. Der 53-Jährige galt den aufs gerontische Publikum spezialisierten ZDF-Oberen als Idealbesetzung fürs Thema. Wer einen braunroten Lederanzug besitzt und sich seit drei Dekaden dem Zugriff gnädiger Friseure verweigert, sollte doch wohl mitreden können.
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Gottschalk mit Ex-Stone Bill Wyman: „In welcher Band würdest du denn heute am liebsten mitspielen?“
Die drei Stunden, welche im ZDF den Titel „50 Jahre Rock“ tragen durften, wurden zum Waterloo des Senders. Und das ist nicht nur einem Gottschalk anzukreiden, der seinen Teleprompter selten lesen konnte und seine Gäste kaum richtig einzuordnen wusste. Das Unheil begann schon beim falschen Sendetermin. Vor so ungefähr fünf Dekaden hat ein amerikanisches Weißbrot namens Bill Haley die Single „Rock Around The Clock“ veröffentlicht, und irgend ein Trickbetrüger vom Format eines Konrad Kujaus hat dem ZDF wohl das dumme Märchen verkaufen können, hier sei die Geburtsstunde des Rock'n'Roll zu datieren. Niemand kannte Fats Dominos „The Fat Man“ von 1949 oder andere Konkurrenz.Der Fauxpas wäre ja noch Randnotiz geblieben, hätte nicht Rockin' Gottschalk diese drei furchtbaren Stunden lang insistiert, die Wahrheit und nichts als die ewige Wahrheit zu verkünden. Leider halfen dagegen auch die von der Redaktion gestalteten Untertitel mit Zusatzinformationen nicht, die bei den Live-Auftritten der vermeintlich repräsentativen Rock-Größen (u.a. Steppenwolf, Scorpions, Bonnie Tyler) eingeblendet wurden: Nur nichts sagende Superlative (die beste Blues-Stimme, der meist gespielte Schwarze) oder schlichte Fehler (25 Jahre Status Quo für die 1965 gegründete Band, Peter Kraus anstelle von Ted Herold als 'deutscher Elvis') hatten eine Chance, über den Sender zu gehen. Das hätte auch Neun Live nicht mehr schlechter machen können.
Derweil überhob sich Gottschalk an seinen Themen. Willy Brandt, dem ungeachtet aller politischen Präferenzen ein Gottschalk bestenfalls die Schuhe hätte zubinden dürfen, wurde von eben diesem Show-Dandy zum „Rock'n'Roller“ erklärt, ein paar Minuten später verjuxte Thommy das denkbar unglamouröseste Auto, einen VW Golf, „mit Leder, wie sich das für den Rock gehört“, an jenen schlauen Zuschauer, der womöglich wusste, dass Eric Burdon einstmals einen Song namens „House of the Rising Sun“ gesungen hatte. „Vielleicht kifft Eric ja heute Abend noch in den Wagen“, gab Gottschalk eine Kostprobe seines spießbürgerlichen Wissens um jene gefährlichen Drogen, denen die verruchten Helden ja so oft erlagen.
A propos Drogen. Natürlich durften auch die Rolling Stones als Vertreter der Rockmusik nicht unerwähnt bleiben. Doch ebenso selbstverständlich hatte keiner der noch aktiven Stones-Mitglieder Lust, sich in einer Saurier-Parade wie dieser ausstellen zu lassen. Einzig Ex-Bassist Bill Wyman hatte sich nach Hannover locken lassen, weil er mit seinen Rhythm Kings ohnehin gerade auf Deutschland-Tournee ist und Werbung gebrauchen kann. Wyman nahm die Tortur gelassen und machte eine ziemlich gute Figur. Zum Dank musste er sich dann allerdings die dümmliche Gottschalk-Frage „In welcher Band würdest Du denn heute gerne mitspielen?“ gefallen lassen.
DPA
Showgast Peter Kraus: Wo war Ted Herold?
Einzig Michail Gorbatschow schaffte es, der schnöden Show ein wenig Glanz zu verleihen, auch, wenn er ganz offensichtlich nur eingeladen wurde, um geschickt zum „Wind of Change“ der Scorpions überzuleiten. Gottschalks Versuche, dem Friedensnobelpreisträger eine Rock'n'Roll-Attitüde aufzuoktroyieren, schlugen jedenfalls sämtlich fehl. Dennoch feierte das Publikum in der Hannoveraner Preussag Arena den Ex-Politiker mit Standing Ovations, als wäre er der wahre Rockstar des Abends.Kein Wunder, bei der Konkurrenz: Die Allstar-Band war mit den Veteranen jener Rockgruppen besetzt, die uns im Oldie-Radio wahrscheinlich noch bis in alle Ewigkeit vorgespielt werden. Stichwort: „Smoke on the Water“. Dennoch: Jon Lord und Gary Brooker, Ian Anderson und Bobby Kimball haben deshalb längst noch nicht verdient, von Leslie „Dschingis Khan“ Mandoki dirigiert zu werden. Und vom Klüngel des Ungarn behelligt zu werden, denn als weibliche Stimme war den Dinos die weitgehend untalentierte Tochter Frank Elstners, Masha, zugeteilt worden.
Ach ja, zwar wurde die Punk-Revolution mit einer ungefähr sieben Sekunden langen Erwähnung der Sex Pistols in einem der Einspielfilmchen abgehandelt, der Rock-Sound der Neuzeit wurde aber immerhin gebührend gewürdigt: mit Live-Darbietungen der deutschen Schmusepopper Reamonn und der finnischen Tanzrocker The Rasmus. Harmloser, angepasster, einschläfernder Rock'n'Roll, wie ihn sich öffentlich-rechtliche Redakteure lieben.
Das Großereignis generiert nun erstmal eine verzichtbare Doppel-CD und wird künftig wohl monatlich wiederholt. Vermutlich hält man Thommys Ausflug in die Mansarde der Rockgeschichte beim ZDF auch noch für lehrreich, man denke an den Bildungsauftrag. Und vielleicht lässt sich die Sendung ja synchronisieren und ans Ausland verscherbeln. Dort hat man sicherlich Interesse an einem Blick auf die Ursachen der deutschen Kultur-Misere.
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40 Jahre „Brothers In Arms“ von Dire Straits: Gitarre in den Wolken
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The Beatles: Wie die Aufnahmen zu „Let It Be“ zum Fiasko wurden
Die besten Gitarristen aller Zeiten: Keith Richards
Werbung:lol: Diesen Ausführungen ist nichts mehr hinuzuzufügen. :D
Außer das beim ZDF folgender hinweis vor jeder Sendung gezeigt werden sollte.
„Der Gesundheitsminister warnt.Das Sehen dieser Sendung und des ZDF gefährdet ihre Gesundheit.Übermäßiges konsumieren kann zu spontaner Verblödung führen“ :POriginally posted by Skywalker@19 Apr 2004, 19:15
Das Unheil begann schon beim falschen Sendetermin. Vor so ungefähr fünf Dekaden hat ein amerikanisches Weißbrot namens Bill Haley die Single „Rock Around The Clock“ veröffentlicht, und irgend ein Trickbetrüger vom Format eines Konrad Kujaus hat dem ZDF wohl das dumme Märchen verkaufen können, hier sei die Geburtsstunde des Rock'n'Roll zu datieren. Niemand kannte Fats Dominos „The Fat Man“ von 1949 oder andere Konkurrenz.Leider ist das ZDF nicht der einzige Verein, der diese Dummheit wiederkäut.
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"Don't reach out for me," she said "Can't you see I'm drownin' too?"
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
wenn man schon in diesem jahr den 50-jährigen feiern sollte, dann doch wenigstens mit elvis' that's all right als initialzündung. dass peter kraus da war, ted herold aber gefehlt hat, macht mich auch stutzig. aber es passt.
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Das eigentlich Schlimme ist ja, daß von allen Musiksendungen, die am Samstag auf den großen Sendern liefen, diese hier die vermutlich beste war. Oder doch lieber Mutantenstadl?
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Wann kommt Horst Lichter mit dem Händlerkärtchen und knallt mich ab?
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
Originally posted by sparch@19 Apr 2004, 19:42
Oder doch lieber Mutantenstadl?da gings wenigstens politisch korrekt zur Sache: BILD ;)
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Originally posted by sparch@19 Apr 2004, 19:42
Das eigentlich Schlimme ist ja, daß von allen Musiksendungen, die am Samstag auf den großen Sendern liefen, diese hier die vermutlich beste war. Oder doch lieber Mutantenstadl?Bloß nicht.Dann doch lieber mal einen Abend keinen fernsehn schauen und eine gute CD anschmeißen. B)
AnonymInaktivRegistriert seit: 01.01.1970
Beiträge: 0
Oh Mann…Gottschalk 3 Stunden…ne, das ist nix für mich und die Gäste schon mal gar nicht. Mir reichts schon, wenn Klaus Meine wieder um den Bundeskanzler kreist, wie eine Fliege um nen frischen Haufen. Unvergessen der Auftritt der Scorpions im ZDF-Fernsehgarten…REVOLUTION PUR!
Was Herrn Moik betrifft: Ich sach ja immer: Die grössten Rassissten sitzen im Volksmusikpublikum…zumindest meiner persönlichen Erfahrung nach im weiteren Familien- und älteren Bekanntenkreis. :huh: Wobei es sich dabei sogar oftmals um die fleissigsten Kirchenbesucher handelt…
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Hey Pete, jetzt mach doch den Rock 'n' Roll Faktor nicht von einer Karre abhängig. Was soll ich denn da sagen. Nicht, dass ich Golf fahren würde, aber… ;)
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Das Alben- und Singles-Archiv[/URL] des Rolling Stone Forums[/COLOR] Skraggy's Gamer TagsOriginally posted by Skraggy@19 Apr 2004, 22:19
Hey Pete, jetzt mach doch den Rock 'n' Roll Faktor nicht von einer Karre abhängig. Was soll ich denn da sagen. Nicht, dass ich Golf fahren würde, aber… ;)Vorsicht, sonst mach ich hier noch nen Rock´n´Roll Cars Thread auf :P
Originally posted by Whole Lotta Pete@19 Apr 2004, 22:21
Vorsicht, sonst mach ich hier noch nen Rock´n´Roll Cars Thread auf :PNa das wär doch mal was!
Dafür hättest Du meinen Segen!
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Twang-Bang-Wah-Wah-Zoing! - Die nächste Guitars Galore Rundfunk Übertragung ist am Donnerstag, 19. September 2019 von 20-21 Uhr auf der Berliner UKW Frequenz 91,0 Mhz, im Berliner Kabel 92,6 Mhz oder als Livestream über www.alex-berlin.de mit neuen Schallplatten und Konzert Tipps! - Die nächste Guitars Galore Sendung auf radio stone.fm ist am Dienstag, 17. September 2019 von 20 - 21 Uhr mit US Garage & Psychedelic Sounds der Sixties!was man so hört und mitbekommen hat, waren die schwarzen eher unterrepräsentiert, oder?
und die waren doch eher die erfinder, oder?--
FAVOURITESOriginally posted by otis@19 Apr 2004, 22:31
was man so hört und mitbekommen hat, waren die schwarzen eher unterrepräsentiert, oder?
und die waren doch eher die erfinder, oder?Unterrepräsentiert ist gut.
Es gab keinen Schwarzen nicht in den ganzen drei Stunden.Erfinder? – Naja, irgendwie schon. Ach da fällt mir ein, im kurzen Film-Schnipsel-Überblick über die 50er Jahre kamen Chuck Berry und Little Richard vor, und beim Sixties Rückblick Jimi Hendrix.
Aber im großen und ganzen ist Rock'n'roll ja doch wohl mehr die Musik des weißen Mannes, Otis, oder?
B)--
Twang-Bang-Wah-Wah-Zoing! - Die nächste Guitars Galore Rundfunk Übertragung ist am Donnerstag, 19. September 2019 von 20-21 Uhr auf der Berliner UKW Frequenz 91,0 Mhz, im Berliner Kabel 92,6 Mhz oder als Livestream über www.alex-berlin.de mit neuen Schallplatten und Konzert Tipps! - Die nächste Guitars Galore Sendung auf radio stone.fm ist am Dienstag, 17. September 2019 von 20 - 21 Uhr mit US Garage & Psychedelic Sounds der Sixties!ach, ich find´s einfach albern. ist ja auch schon alles gesagt. habe die letzte halbe stunde geguckt.
es war der blaue bock. 48+
dem gottschalk einen bembel!--
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