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Weltende
von Jakob van HoddisDem Bürger fliegt vom spitzen Kopf der Hut,
In allen Lüften hallt es wie Geschrei.
Dachdecker stürzen ab und gehn entzwei,
Und an den Küsten – liest man – steigt die Flut.Der Sturm ist da, die wilden Meere hupfen
An Land, um dicke Dämme zu zerdrücken.
Die meisten Menschen haben einen Schnupfen.
Die Eisenbahnen fallen von den Brücken.
…das fand ich schon in der Schule ganz toll!
Und ich musste auch gleich mein altes Deutschbuch rauskramen, weil es mir irgendwie unvollständig vorkam (was es natürlich nicht ist).
Aber ich empfinde die Schilderung als.. wie mittendrin abgebrochen. Liegt wohl an formalen Dingen, die erste Strophe ist in sich geschlossen, durch das „Und“ am Anfang des letzten Satzes, und auch weil sie mit einem einsilbigen Wort endet. Nach dem letzten Satz der zweiten Strophe aber erwarte ich immer noch etwas Abschließendes, das nicht kommt. Bleibe beim Lesen irgendwie in der Luft hängen. Die beiden letzten Sätze sind ja gleich aufgebaut, wie der Beginn einer Aufzählung, aber sie bleibt unvollständig.
Dadurch wirkt es auf mich wie ein Radio-Live-Report, der mittendrin abbricht, weil das Ereignis, das er vorher aus der Beobachterposition beschrieb, nun auch den Sprecher ereilt hat. Wenn das gewollt ist – und davon gehe ich aus – finde ich es genial.
Ja, ich denke schon, dass das so oder so ähnlich gewollt ist. Wir hatten das damals auch im Deutsch-LK gemacht (haben recht intensiv Expressionismus gemacht) und unser Lehrer hat uns dieses Gedicht zunächst in andere Versreihenfolge gegeben mit der Aufgabe zu versuchen, es in die richtige Form zu bringen, womit uns der Lehrer verdeutlichen wollte, dass diese Verse im Grunde untereinander vollkommen austauschbar sind. Sie ergeben ein Gesamtbild und scheinen trotzdem unabhängig voneinander zu sein. Wie eben so eine Erzählsituation, die du, Aimee, beschreibst.
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