Antwort auf: Das Piano-Trio im Jazz

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gypsy-tail-wind
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Everybody Likes Hampton Hawes, Vol. 3: The Trio | Gestern auch noch gehört: Vol. 3 der Hawes-Reihe mit Red Mitchell und Chuck Thompson. Das konsolidiert weiter, ist mehr auf den Punkt und im Spiel wie mich dünkt auch etwas fokussierter und knapper als noch auf Vol. 2 … und vielleicht mag ich das am Ende auch noch eine Spur lieber. Interessant jedenfalls, diese Aufnahmen wieder mal zu hören und die doch recht rasche Entwicklung von Hawes in den wenigen Monaten nachzuvollziehen.

The Ahmad Jamal Trio – Volume IV / Ahmad Jamal – Portfolio of Ahmad Jamal | Hier auch Konsolidierung, aber zugleich auch Erklimmen von höchsten Gipfeln … es ist der Live-Mitschnitt aus dem Spotlight Club in Washington von September 1958 (wie der im Pershing über zwei Tage) mit Crosby/Fournier, der mich in die Welt von Ahmad Jamal einführte und auf Anhieb begeisterte. Eine LP brachte Argo als „Volume IV“ heraus – und legte 1959 noch eine Doppel-LP mit fünfzehn weiteren Stücken nach, limitiert und mit bemerkenswerter Aufmachung: „An Audio Odyssey by Argo“ steht auf dem Rückcover der zurückhaltend gestalteten Hülle.

Der Club war laut Washington nicht viel mehr als eine „neighborhood bar […] on the ground floor of a high-rise apartment building which spotted the crème de la crème of prominent African American doctors, dentists and lawyers“. Die Atmosphäre ist maximal entspannt, auch wenn viel Stücke weiterhin kurz gehalten werden, scheint das Trio sich maximal viel Zeit zu lassen – die Kunst, den Augenblick zu dehnen, drei Minuten wie eine ganze Ewigkeit scheinen zu lassen – eine Audio-Odyssee eben.

Highlights gibt es hier so viele, ich mag da gar nicht so sehr in Detail gehen: „Taboo“, „Squatty Roo“, „Secret Love“ (wieder, mag ich glaub ich nie besser als hier) … „Autumn Leaves“ dauert fast acht StundenMinuten und ist ein Highlight in Jamals Werk, eine allmähliche Steigerung und Verdichtung (ein g’day mate to The Necks) schon in einem zügigen Tempo und sehr snappy – mehr noch als späteren Versionen von Miles Davis vielleicht, der sich bestimmt hier inspirieren liess. In „Ahmad’s Blues“ oder „Ivy“ (Hoagy Carmichael) erschüttert Crosbys Bass die Fundamente des Hochhauses, in dem Club sich befindet. In „It Could Happen to You“ wird das Trio sukzessive langsamer – „digging coal“ nannten laut Washington ältere Musiker die Art, wie Fournier hier mit den Besen spielt. Fournier, so mein Eindruck, könnte auch bloss auf 2 und 4 das Hi-Hat schliessen und damit schon einen irren Swing entwickeln. Jamal weiss seine Mittel einzusetzen, streut Block-Akkorde ein, Wiederholungen, Variationen, er verweilt auch mal einen Moment auf einem Ton im Diskant – und die Begleiter sind wirklich perfekt eingespielt, das alles verschmilzt zu einer gemeinsam atmenden Einheit. Die Musik dieses Trios ist unglaublich frisch, entwickelt einen immensen Sog, ist dabei stets von vollendeter Eleganz – und immer maximal hip.

Als Bonus in der Mosaic-Box noch zwei Stücke, die damals nicht erscheinen sind: „Too Late Now“ (Lane-Lerner) und „The Night Has a Thousand Eyes“, das Coltrane zwei Jahre später aufnahm (1964 auf „Coltrane’s Sound“ erschienen), Sonny Rollins nahm das Stück zwar erst im Frühling 1962 auf, aber seine Version kam schon im Sommer desselben Jahres heraus. Jamals Version musste bis 2010 warten, aber bestimmt nicht, weil sie nicht gut ist, sondern wohl weil der Tonmeister noch etwas mit dem Sound herumspielt („Too Late Now“ ist das erste Stück, danach folgten „A Gal in Calico“ und „I Didn’t Know What Time It Was“, die auf „Portfolio“ zu finden sind, dann „The Night….“ und ab da ist dann allers veröffentlicht worden).

zuletzt geändert von gypsy-tail-wind

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