Antwort auf: Das Piano-Trio im Jazz

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gypsy-tail-wind
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The Barry Harris Trio – Breakin‘ It Up | Das Album habe ich erst nach Harris‘ Tod nachgekauft – es kam drei Wochen davor in Japan wieder heraus (die 2012er-Ausgabe mit neuem OBI und nur auf diesem eine neue Katalognummer). Auch 1958, auch Chicago, auch Argo (aber nicht Jack Tracy sondern Dave Usher) – und keine Spur von den ganzen Soul-, Funk-, Gospel-Elementen wie bei Lewis, sondern schnörkelloses Bebop-Piano und dann auch gleich noch mit „All the Things You Are“ zum Einstieg, in recht getragenem Tempo. Als Zweites gibt es Charlie Parkers „Ornithology“ und hier zeigt Harris seine Bud Powell-Chops, allerdings mit einem Touch, der so delikat ist, wie ihn von den frühen Beboppern abgesehen von John Lewis nur Al Haig hatte. William Austin walkt stark – und die Wahl der Töne hebt ihn z.B. sehr deutlich von Red Callender ab, Frank Gant sorgt für gute Beats – beide dürfen da und dort ein wenig in den Vordergrund, sei es in Fours oder einfach in der Begleitung. Erst in „Bluesy“, dem ersten Original, gibt es eine Prise Funk, ein hard boppiges Thema mit Stop-Time und auch mit anderen Akkorden (eher Wynton Kelly als Bud Powell) – Austin lässt seinen Bass schnarren und kriegt ein schönes Solo. Doch nach dem kurzen Intermezzo geht es klassisch mit Parker und „Passport“ weiter – nur die Blues-Changes lassen Spuren von Funk zurück, die dann in „Allen’s Alley“ (aka „Wee“, von Denzil Best) auch zerstäubt werden. „Embraceable You“ ist eine Art Walking-Ballade mit wunderbarem Touch und ähnlich unforciert wie „All the Things You Are“ es schon war. Klassisch ist auch Harris‘ zweites Original „S.R.O.“ und wie im schönen Closer, „Stranger in Paradise“, mit stellenweise fast schon altmodisch rollendem Piano und ein paar Runden Fours, kriegt Austin ein Solo und weiss es zu nutzen.

Ein bemerkenswert unaufgeregtes – und selbstsicheres, fast schon in sich ruhendes – Debutalbum – so sehr so, dass ich es beim halben Harris-Wiederhören auch ziemlich unterschätzt habe, dünkt mich. Wenn Flanagan vielleicht etwas moderner, Jones voller und runder im Ton ist, so gehört Harris da doch mittenrein: sie alle drei verbindet eine zeitlose Eleganz, die von ganz zu Beginn schon zu hören war – der Teddy Wilson „glow“ –, verbunden mit exzellenter Time und einem feinen Swing, der nie überwältigen will und umso wirksamer werden kann.

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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #168: Wadada & Friends - Neuheiten 2025 (Teil 2) - 9.12., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba