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Sa, 01.11.2025
Konzerthaus Berlin
Vogler Quartett
Tim Vogler, Violine
Frank Reinecke, Violine
Stefan Fehlandt, Viola
Stephan Forck, Violoncello
Oliver Triendl, Klavier
Haydn: Streichquartett F-Dur op. 74 Nr. 2 Hob III:73
Widmann: Streichquartett Nr. 2 („Choralquartett“)
Schostakowitsch: Fünf Stücke für zwei Violinen und Klavier
— Pause —
Schumann: Klavierquintett Es-Dur op. 44
Zugabe
Dvořák: Scherzo (Furiant) aus dem Klavierquintett A-Dur op. 81
Das war wirklich ein abwechslungsreiches Programm am gestrigen Abend. Zum ersten Teil gab es ein paar einleitende Worte von Tim Vogler. Mir gefällt es auf jeden Fall, wenn es eine Begrüßung gibt und bei einleitenden Worten durch Tim Vogler kann man davon ausgehen, dass mind. ein Werk dabei ist, das für einige im Publikum eine Herausforderung und Verlassen der Komfortzone darstellen wird (so geschehen z.B. auch mal beim Streichquartett von Hanns Eisler). Schnell war klar, dass er auf das 2. Streichquartett von Jörg Widmann vorbereiten möchte. Es sei berührend komponiert und für einige evtl. nicht alles hörbar. Er spielte auf verschiedene Reibetechniken an, von denen der Bratschist Stefan Fehlandt kurz eine vorführte (hier als Anspielung auf den Übergang von Leben zu Tod).
Das Konzert begann mit dem Haydn F-Dur Streichquartett op. 74/2 (das ich gerade beim Schreiben höre, Interpreten hier das Festetics Quartet). Ich gehe gern zu Streichquartett-Abenden und da ist oft eines von Haydn (meist als Einstieg) dabei, was mir generell auch ganz gut gefällt; da fühle ich mich direkt in die Streichquartettwelt gezogen. Meist höre ich es im Konzert zum ersten Mal. Dieses kam auch recht beschwingt in der Pastoral-Tonart daher. Schon im Saal musste ich bei manch knurrigen Klängen in der Violincello-Stimme lächeln…. nichtahnend, dass beim nächsten Streichquartett noch mehr geknurrt und geknarzt wird.
Die kurze Einleitung zum 2. Streichquartett von Jörg Widmann („Choralquartett“, 2003) war angebracht, sonst hätte es noch mehr fragende Blicke und eine größere Unruhe im Saal gegeben. Widmann setzt in diesem einen Satz viele Effekte ein, die Geräusche beim Ableben darstellen sollen. Die Entwicklung und Verbindung mit Choral-Anleihen fand ich anfangs durchaus interessant; nur die Effekte (die ich alle noch sehr gut hören konnte; ich sitze aber auch vorn) zum Ende hin zuviel genutzt (Dauer wird online mit 12-13min angegeben). Ich muss allerdings auch zugeben, dass ich mir zwar Widmann-Werke im Radio anhöre, mich diese aber meistens nicht so ansprechen, dass ich da vertiefter höre. Ich kann gar nicht festmachen, woran es genau liegt. Ich bleibe da nicht hängen. Trotzdem gefällt es mir, wenn es auch Werke, die nach 2000 komponiert wurden, ins Programm schaffen.
Danach gab es eine kleine Umbaupause, die im Publikum durch lebhaftem Austausch zum gehörten Quartett genutzt wurde; clever gemacht :) Der schon bereitgestellte Flügel wurde nach vorn gefahren und der Pianist Oliver Triendl gesellte sich zu Tim Vogler und Frank Reinecke. Die sogenannten „Fünf Stücke für zwei Violinen und Klavier“ von Schostakowitsch hatte ich dieses Jahr schon 2-3 Mal im Radio bei der Vorstellung der 2025er VÖ der DG zum 50. Todestag von Schostakowitsch mit Raritäten gehört. Für die DG wurden diese von Gidon Kremer, Madara Petersone und Georgijs Osokins eingespielt. Der Musikwissenschaftler Levon Atovmyan arrangierte einzelne Sätze aus DSCH Filmmusik und fasste diese als „Suite“ zusammen, die 1970 veröffentlicht wurde.
Nach der Pause spielten Oliver Triendl und das Vogler Quartett das Klavierquintett von Robert Schumann. Ich habe mich sehr gefreut, dies auch mal live zu hören. Überrascht war ich, dass es live doch sehr energisch zuging. Im Nachhinein denke ich, das es auf Tonträgern oder im Radio in Ansätzen zu hören ist, wohl aber gepegelt wird. Beim heutigen Schmökern in Werksbeschreibungen fiel mir aber auf jeden Fall die häufige Nennung von „lebhaft“ oder auch die Verwendung von „aufbrausend“ auf. Gestern konnte ich auf jeden Fall so richtig nachfühlen, dass dies von Anfang an ein „Hit“ war. Das Zuhören hatte großen Spaß gemacht. Nach langem und auch stürmischen Applaus spielten sie als Zugabe das Scherzo (Furiant) aus Dvořáks Klavierquintett op. 81. Das kam so geschlossen daher, dass ich mir dachte, dass ich zu Hause mal nachschauen müsste, ob sie das Klavierquintett auch aufgenommen haben.
Und ja, zu ihrer inzwischen abgeschlossenen GA der Streichquartette von Dvořák für cpo nahmen sie auch z.B. das Terzett, das Streichquintett (mit Tatjana Masurenko) und das Klavierquintett op. 81 (mit Oliver Triendl) hinzu.
(Davon habe ich bisher Vol. 2 von 2015 mit den zwei letzten Quartetten.)
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