Antwort auf: Ich höre gerade … Jazz!

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gypsy-tail-wind
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Arthur Jones – Scorpio | A propos schockverliebt … das Album entdeckte ich auch vor längerer Zeit schon, auf einem der vielen Musikblogs der frühen Nullerjahre. Trios mit b/d von Altsaxophonisten sind viel seltener als von Tenorsaxophonisten, aber das scheint Arthur Jones keine Sekunde zu stören, der macht das einfach – und da ist dann auch mal ein Lob für die Hausrhythmusgruppe von BYG angebracht, Beb Guérin und Claude Delcloo. Die kommen mit all den Spielsituationen, in denen sie hier landen, super klar, sind vielleicht nicht immer so inspiriert wie hier, wo sie naturgemäss mehr Raum kriegen als in grösseren Formationen, aber sie liefern immer. Jones hatte auch mehr zu sagen, statt eine halbe Stunde dauert dieses Album wieder knapp 40 Minuten, es gibt vier längere Stücke (zwischen 7 und 13 Minuten). Jones hatte mit Frank Wright, Sunny Murray und Don Ayler gespielt, bevor er im Juni 1968 mit Jacques Coursil nach Europa kam. Als Leader bzw. Co-Leader gibt es ausser „Scorpio“ und seinem ersten BYG-Album „Africanasia“ mit Co-Leader Delcloo nichts weiteres von ihm. Auch seine Sideman-Einträge stammen hauptsächlich aus dem BYG-Katalog, davor gibt es eine Aufnahme mit Frank Wright (und Coursil), danach noch eine LP mit Archie Shepp von 1975 – obwohl Jones noch bis 1998 lebte. Angesichts der Güte der Aufnahmen und ganz besonders dieses Trio-Albums ist das echt bedauerlich. Die Stücke sind catchy, es gibt Grooves, es gibt vor allem einen unglaublich tollen Sound am Altsax, klar und singend, nicht besonders schwer aber niemals fiepsig, auch nicht, wenn er in die Höhe geht und insistierend Motive wiederholt. „Sad Eyes“, das längste Stück, ist eine freie (aber keine Rubato-) Ballade, die mich jedes Mal wieder sehr beeindruckt. Das Stück könnte ein Standard sein und Jones zeigt in seinem glänzenden Solo, dass er auch Altsaxer vor Charlie Parker (und diesen) ausgiebig gehört hat. Guérin wird hier zum Dialogpartner, während Delcloo über weite Strecken ohne Becken auskommt, nur trommelt. Und ausgerechnet hier, in der Ballade, kriegen die beiden ihre grossen Solo-Spots und reüssieren! Ein Lieblingsalbum aus der zweiten oder dritten Reihe.

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