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Halbe Treppe (Andreas Dresen, 2002)
Welcher Film spielt schon in Frankfurt/Oder und wo kann man einem Betreiber einer Imbissbude, einer Parfümerie-Fachverkäuferin, einem Moderator eines privaten Dampfradios und einer Angestellten beim Zoll an der deutsch-polnischen Grenze bei ihren Eheproblemen zusehen?
Auch bei diesem Film von Andreas Dresen hat man das Gefühl, Menschen im wirklichen Leben hautnah zu begleiten. Das ist nicht immer schön, manchmal ist es sogar trist und banal (Einkauf im Großhandel, LKW-Abfertigung an der Grenze, die öden Minuten zwischen den ach-so-flotten Radioansagen …), manchmal aber auch komisch (der entflogene Wellensittich Hans-Peter, das Eisbein in der Badewanne, die sich rätselhaft vermehrenden Straßenmusiker auf der halben Treppe …) und manchmal auch schmerzhaft und peinlich (wenn sich Imbiss-Uwe und Parfüm-Ellen nach der Trennung zufällig im Treppenhaus begegnen …). Und alles ist auch immer sehr menschlich und daher sehr berührend. Man leidet, schämt sich und lacht. Und selbst wenn man über Imbiss-Uwe, Parfüm-Ellen, Radio-Chris und Zoll-Katrin lacht, merkt man doch sehr schnell: Das könnte mir selbst genau so passieren!
Raffiniert, wie die Handlung im Film selbst wie nebenbei durch die im Radio angesagten Horoskope, einen Zahnarztbesuch, einen stadtweiten Stromausfall (u.a. während Imbiss-Uwe im Auto in der Waschanlage sitzt …) kommentiert wird. Und wie die Musik im Film (durch die von den 17 Hippies verkörperten Straßenmusiker) zur Filmmusik wird.
Kein Happy End, aber das Leben geht weiter.
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“There are legends of people born with the gift of making music so true it can pierce the veil between life and death. Conjuring spirits from the past and the future. This gift can bring healing—but it can also attract demons.” (From the movie Sinners by Ryan Coogler)