Antwort auf: 100 beste Jazzalben des Rolling Stone, kommentiert

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gypsy-tail-wind
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Sowas wie Coltranes berühmtes „Alabama“ ist eine klasische Rubato-Ballade … das Wiki-Zitat finde ich verwirrend bis falsch, den Begriff gibt es auch ausserhalb der Popmusik und Reibungen („nicht synchronisiert“) sind da meines Wissens überhaupt nicht zwingend mitgemeint. Eine Solo-Pianistin oder ein Orchester folgt halt dem eigenen Gefühl bzw. den Anweisungen des Dirigenten. Im Jazz ist es doch eher so, als dass der Leader (Coltrane, Sanders … Mingus!) das vorgibt und die anderen sehr nah und eng folgen (Richmond!) und dabei das fixe Metrum aufgelöst wird bzw. umspielt wird (wenn es zu weit davon weg geht, ist es halt auch kein Rubato mehr*, aber das kann man natürlich nicht messen oder genau definieren), aber keineswegs mit einer gewollten Asynchronizität – eher im Gegenteil hätte ich sogar gesagt: offene Ohren, sofortiges Reagieren … die Idee ist wohl einst gewesen, dass am Ende die Gesamtspieldauer gleich lang ist, wie wenn man alles in fixem Tempo spielt (also wenn ein Takt langsamer gespielt wird, muss ein anderer schneller genommen werden, um das auszugleichen).

(„Ad lib“, also „ad libitum“, wie es in Jazz-Noten oft für sowas wie „hier darf die Gitarrenstimme ein wenig freier gestaltet werden, das davor zu spielende Riff aufgelöst oder solistisch umspielt werden“, hat ursprünglich auch einen Tempo-Hintergrund – das ist dann freier, nämlich so, wie es der aufführende Musiker gestalten will, „nach Belieben“ … heute heisst das soweit ich versteh eben eher, wenn z.B. vier oder acht Takte einer Stimme bei einer Big Band oder so nicht notiert sind, „spiel hier einfach ein wenig was“.)


*) drum sind Mingus/Richmond mit ihren Be- und Entschleunigungen vielleicht auch ein schlechtes Beispiel … aber sie sind ein gutes dafür, wie eng verzahnt das im besten Fall läuft.

zuletzt geändert von gypsy-tail-wind

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