Antwort auf: Enja Records

#12537353  | PERMALINK

gypsy-tail-wind
Moderator
Biomasse

Registriert seit: 25.01.2010

Beiträge: 69,529

Joint Venture – Ways | Die Gruppe „4 Horns & What?“ um den Drummer Phil Haynes ist auch eine kleine Entdeckung der jüngeren Zeit (klick) – und Joint Venture, von denen zwei CDs auf dem Enja-Nachzügler-Stapel liegen, sind da eng verwandt: Paul Smoker (t), Ellery Eskelin (ts) und Phil Haynes (d) sind Teil beider Gruppen, doch bei Joint Venture gibt es statt zwei weiteren Bläsern (Andy Laster und Joe Daley bzw. Herb Robertson) noch einen der tollsten Bassisten der letzten Zeit, Drew Gress. Der Sound ist also konventioneller, aber die Musik ähnlich druckvoll in ihrem Mix aus Schlagzeug-getriebenen dichten Bläser-Arrangements. Smoker und Eskelin kommen natürlich bestens klar, spielen allein oder gemeinsam, driften auseinander, finden wieder zusammen, während Gress dem ganzen einen beweglichen Boden gibt, über den Haynes eher stapft als tänzelt … oder wie ein grosser, schwerer Bär tänzelt vielleicht – ich sehe manchmal einen überraschend beweglichen 150-Kilo-Stepptänzer mit erstaunlich fliessendem Swing in seinen Bewegungen vor dem inneren Auge. Das zweite Album des Quartetts, „Ways“, wurde am 17. Januar 1989 im Sorcerer Sound Studio in New York von David Baker aufgenommen – und wir sind jetzt im Zeitalter der 74minütigen Karajan-Beethoven-9-Tonträger gelandet, die CD ist annähernd so lang, wie das damals möglich wa. und das mit nur sieben Stücken, von denen drei zwischen 13 und 15 Minuten dauern und den vier Musikern viel Freiraum bieten, mit dem sie alle hervorragend umzugehen wissen.

„Paul Smoker says, ‚I know Ellery ’s made adjustments to me, and I’ve made adjustments to him – we’ve made a conscious effort to subordinate our egos in order to make music. Ellery draws on an incredible palette of timbral effects and tones; he has the ability to give every note a different timbre.‘ […] But as Ellery reminds us, that’s exactly the sort of thing that Smoker’s known for: ‚Paul has certainly inspired me to check out as many different timbral and sonic things as I can. Sometime he has so many timbral things happening I can barely keep up.'“ (aus Kevin Whiteheads Liner Notes) – das klingt nach einer mutual admiration society … und darin liegt vielleicht das Geheimnis des Erfolgs. Beide haben einen dunklen Ton, Smoker setzt unterschiedliche Dämpfer ein, beide sind in der Lage, sehr präzise zu phrasieren, auch wenn die Töne nur so aus ihren Instrumenten purzeln. Gress ist den beiden schon zu dieser Zeit gewachsen und seinerseits ein Bassist mit breiter Klangpalette – und mit solidem Rhythmus, was neben den oft lärmigen und wuchtigen Drums von Haynes zentral ist. Dieser spielt allerdings keineswegs nur wuchtig und laut auf, ganz im Gegenteil ist sein Spiel ziemlich subtil und wirkt auch im Fortissimo und bei dichten Rhythmen exakt und nuanciert. Und klar: manchmal erinnert das ans klassische Ornette Coleman Quartet (vor allem, wenn Smoker denselben Dämpfer nutzt, den Don Cherry oft benutze … einen Harmon Mute?) – aber meistens ist die Musik von den Timbres und Stimmungen her anders, oft auch druckvoller, wuchtiger. Gefällt mir sehr gut … Album drei ist auch hier, das erste (LP only, scheint es) fehlt mir bisher.

--

"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #165: Johnny Dyani (1945–1986) - 9.9., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba