Antwort auf: Enja Records

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gypsy-tail-wind
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vorgartenich mach noch ein bisschen weiter, mit zwei enja-späthippie-alben aus 1976:


jeremy steig, eddie gomez, outlaws (1976)

steig & gomez haben nach dem hier dokumentierten live-album (bremen) auch noch weiter zusammen aufgenommen, bei unterschiedlichen labels. das ist auch ziemlich schön, durchaus jazzig, mit zwei solostücken und einer heißen version von „nardis“ am ende, zu der gomez einen elektronischen effekt einschaltet (phaser heißt das, glaube ich).

Noch ein Album, das ich damals nicht hören konnte – weil meine Ausgabe (24bit Remaster) nicht auftauchte … ich kaufte dann noch die Japan-CD von 2014 (und klar, kurz danach fand ich auch die verschollene CD wieder – wie das immer ist), die jetzt zum ersten Mal läuft. Im Gegensatz zu „Banyana – The Children of Africa“ habe ich dieses Album letztes Jahr auch nicht behelfsmässig hören können und habe es überhaupt nicht mehr im Ohr.

Auch mich spricht das jazzige Playing der beiden an – im Duo im Titelstück (auch eine gemeinsame Komposition), dann das Medley „Autumn Comes / Autumn Leaves“ (wieder Steig/Gomez und natürlich Kosma) mit einem längeren Gomez Solo zum Einstieg, zwischen Melodie und rhythmischen Riffs, Wiederholungen, Ausflügen in die Höhe. Der Bass in der Glocke in Bremen zum Glück nicht hallig aufgenommen sondern ziemlich trocken, aber irgendwie auch etwas komprimiert (wenn ich oben „trashig“ positiv meinte, meine ich hier „Garage“ nur halb positiv). Wenn dann Steig dazu einsteigt, fällt Gomez in eine recht klassische Walking-Begleitung, die der Flöte unbeschwerte Höhenflüge gestattet, mal ganz leicht vokalisiert, dann mit Doppelzunge – und nie ins rein Virtuose abgleitend, zudem auch Steig mit einem schönen Ton, etwas matt, immer mit etwas hörbarer Atemluft geblasen und ganz ohne den manchmal stechenden Hochglanz anderer Flötisten, selbst wenn er kurz abhebt und in den Himmel (über der Bühne) sticht.

„Arioso“ ist dann ein kurzer Solo-Gesang von Gomez, der das Stück auch komponiert hat: arco mit eingestreuten gezupften Tönen, sodass manchmal die Illusion von Solo mit Begleitung entsteht. Die kürzere zweite Seite beginnt mit dem Steig-Solo, „Night Mare“ – die Mähre der Cowboys wiehert, derweil die Mahre von Füssli Steig im Nacken sitzen. Hier wird der Ton runder, sehr obertonreich, das Spiel eher meditativ als jazzig, manche Passagen wirken klassisch oder eher: impressionistisch. Der Closer dann, das erwähnte Cover von „Nardis“, beginnt wieder mit Gomez solo – den Effekt (im AAJ-Review von Ken Dryden steht „digital delay“) mag ich ganz gerne, obwohl er den dumpfen Klang des Basses noch etwas hervorhebt. Wenn die Flöte nach ein paar Minuten einsteigt, stellt Gomez den Effekt dann aber bald aus und das Duo geht gemeinsam in die Vollen, nach dem Flötensolo spielt Gomez hier lange zweistimmige Pizzicato-Passagen, sehr kunstvoll und doch tief in der Musik drin – er fällt nie in Showmanship und vielleicht ist das Set gerade darum so gut, mit dem Closer als abschliessendem Höhepunkt eines Albums, das auch vom Ablauf her vollkommen stimmig wirkt.

Auf dem Rückcover gibt es eine Zeichnung von Steig, ein Doppelportrait der selbsterklärten Outlaws in Hollywood-Cowboy-Aufmachung:

(Der Post von @vorgarten erwähnt auch „Double Image“ von David Friedman et al.)

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