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Die Kinosaison ist wieder eröffnet … gestern gab’s den Auftakt zur Sarah Maldoror-Reihe mit etwas über einem Dutzend Filmen. Zum Einstieg präsentierte ihre Tochter Henda Ducados gestern den Erstling Monangambééé, 1967 in Algerien gedreht und ein Jahr später dort erstmals gezeigt, und im Anschluss den Langfilm Sambizanga, gedreht in Congo Brazzaville mit Sympathisanten und Angehörigen des Widerstands in Angola, eine französische Produktion von 1972. In beiden Filmen legt Maldoror das Augenmerk auf die Kriege in Afrika, in diesem Fall auf die damaligen portugiesischen Kolonien. Maldorors Mann und Co-Drehbuchautor beider Filme, Mário Pinto de Andrade, war Mitbegründer des Movimento Popular de Libertação de Angola (MPLA). Sie hatten sich in den Fünfzigern an der Sorbonne bei einem Kongress kennengelernt und der Kampf für die Befreiung in den Kolonien Afrikas war auch ihrer. Aufgewachsen ist sie in Frankreichs Südwesten, der Vater stammte aus Guadeloupe, sie ging nach Paris, weil sie unter Menschen sein wollte, die wie sie aussahen – wählte einen neuen Namen nach Lautréamont und verkehrte bald mit all den Dichtern und Denkerinnen der Zeit: Césaire, Senghor, Sartre, Duras, den Surrealisten usw., die ihre Theatertruppe unterstützten. Dann wechselte sie zum Film, in der Hoffnung, ein grösseres Publikum erreichen zu können. Als der erste Film abgedreht war, zurück in Paris, fragte sie das Art Ensemble of Chicago, das damals (1968) in Paris weilte, ob die Gruppe den Soundtrack für den Film machen wolle … das tat sie, aber leider wurde davon für die Restaurierung nichts gefunden, der Ton musste von alten Filmrollen überspielt werden und ist, im Gegensatz zum Bild, von minderer Qualität. Beim Spielfilm mussten sich Scorsese und die Film Foundation wiederum fünf Jahre gedulden, bis die Töchter von Maldoror, die sich sehr aktiv (hauptberuflich inzwischen) um das Erbe ihrer Mutter kümmern, die Rechte sichern bzw. alle nötigen Elemente zusammentragen konnten (Maldoror hatte die Filmrechte verkauft). Beide Filme thematisieren den Kampf gegen die Kolonialherren, ihre rabiaten Polizeisysteme und die Folter von Einheimischen – mal aus einem Missverständnis, mal wegen Agitation. Und beides sind, so finde ich, Meisterwerke. Die Photographie im langen ist grandios, der Einsatz von Musik ebenfalls, die Farben … da stimmt bis ins letzte Detail wirklich alles. Historisch allerdings nicht, denn der – im zugrundeliegenden Buch fehlende – Hinweis auf den 4. Februar (1961), verdreht die Geschichte zugunsten des MPLA, die diesen spontanen Aufstand zunächst nicht mitgetragen hatte … Maldoror stärkt – im andauernden Befreiungskrieg – damit die Position der Organisation ihres Mannes (der nach der Befreiung des Landes aus der MPLA ausgeschlossen wurde). Das anschliessenden Gespräch über die Filme war sehr informativ … ich weiss auch das eine oder andere hier rasch hingetippte von dort. Und ich freue mich auf die Fortsetzung der Reihe!
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #165: Johnny Dyani (1945–1986) - 9.9., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba