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gypsy-tail-wind
Ganz kurz: Ich mochte „Blue Hour“ immer schon – und es war mir da auch klar, dass da mehr passiert als Star+Begleiter … aber sie wurden relativ (!) stiefmütterlich behandelt in der CD-Ära, grad wie Les McCann auch (beide waren wohl keine richtigen Favoriten von Michael Cuscuna bzw. wie ich mich zu erinnern glaube, hat er auch mal angezweifelt, dass die Alben sich in den Jahren nochmal gut verkauft hätten) (…)Von „Hey There“ hab ich leider nur das „Bonusalbum“ (10 Tracks, 42 Minuten zu den 9 dazu, die damals auf der LP landeten), und das läuft jetzt:
Die „inhaltliche“ Kritik geht – wie bei McCann, kann man wahlweise aber auch bei anderen Pianisten der Zeit (ich denke z.B. an Timmons, Bryant, Mance … und natürlich bei Jamal) anwenden – glaub ich in die Richtung, dass das halt arg formelbehaftete Musik sei. Und bei Harris kommt vielleicht noch dazu, dass er einen „fetten“ Sound und Stil pflegt, der rein vom Gestus her näher an Oscar Peterson ist als an all denen in der Klammer (…).
Hier möchte ich noch einhaken. Die von Dir genannten The 3 Sounds-Alben kenne ich nicht. Muss ich mal nachholen. Stanley Turrentines & The 3 Ss Blue Hour sagt mir immerhin was.
Habe das hier mal eingelegt:
The 3 Sounds (Das Debut von 1958)
Das ist Musik, die ist so unaufdringlich, dass sie damit schon wieder auffällt. Manchmal kurz vor Ambient Music, aber dann doch immer mal wieder mit einem understateten bluesigen groove oder einem flotten Swing, der einen mit dem Fuß wippen lässt. Formelhaft? Kann man nicht ganz verleugnen. Leonard Feather schreibt in den liner notes sogar, dass The Three Sounds „have the courage to leave things as they are, instrumentally“, wobei er dann wieder einschränkend sagt „while showing which way they may move, creatively“. Sooo wahnsinnig innovativ waren die 3 Sounds tatsächlich nicht, sondern blieben wohl immer bei ihren Leisten.
Das Album ist nicht herausfordernd, eigentlich im Gegenteil. Perfekt gemacht, sehr elegant, sehr flüssig, immer dem Ohr schmeichelnd und in dieser Art auch gut und wirklich nett zu hören. Einige Harris-Originale, einige Standards, zwei Adaptationen von Dvorak-Kompositionen(!) und eine Interpretation von O Sole Mio(!). Auf der CD auch noch 5 weitere Stücke (+ ein alternate take), die nicht auf der Erstveröffentlichung waren, aber qualitativ dem Original-Album in nichts nachstehen. Gene Harris auf einigen Stücken an der Celesta. Wenn es den Begriff Bar Jazz nicht schon gäbe, hierfür könnte man ihn erfinden.
Nach diesem Album klingt jede andere Musik anstrengend.
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“There are legends of people born with the gift of making music so true it can pierce the veil between life and death. Conjuring spirits from the past and the future. This gift can bring healing—but it can also attract demons.” (From the movie Sinners by Ryan Coogler)