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gypsy-tail-windVielleicht bringen die Vergleiche auch gar nicht viel … dass Fruscella eine andere Abgeklärtheit (oder überhaupt darüber verfügt) hat, höre ich auch so – und klar ist das Fruscella-Album grossartig, auch dank Allen Eager und überhaupt in jeder Hinsicht (Band, Material, Arrangements, Produktion Cover …). Der junge Baker, wenn er gut drauf war (was er eben bei den Sessions mit Freeman aus der Zeit, ca. 1953, meistens ist) war – wie der junge Miles bei Parker – auch einfach ein guter Bebop-Trompeter mit solider Technik, schönem Ton, vielen Einfällen und einem guten Flow, technisch ziemlich versiert und sicher. Da denk ich dann eben nicht so sehr an Verletzlichkeit, drum kam ich drauf: da wirkt Bakers Spiel auf mich kompakt, selbstbewusst und recht druckvoll. Anders vielleicht auch als Baker im Mulligan Quartet klingt. Dieses liegt ja zeitlich direkt davor, Freeman war die Ablösung, als Baker die Band übernehmen musste, weil Mulligan weggesperrt wurde (Arbeitsdienst oder sowas, nicht Knast, glaub ich?) – da lastet dann die Leader-Bürde auf Baker und mich dünkt, das merkt man irgendwie dem Spiel an, dem Auftreten. Und er hat mit Freeman auch wen hinter oder neben sich, der wirklich verlässlich funktioniert (und doch auch für Überraschungen gut ist).
Die Miles-Quartette – welche meinst Du genau? Ich bin ja mit „Musings“ bisher immer nur so halb warm geworden, aber es gibt u.a. auch eine tolle Session mit Horace Silver für Blue Note – aber das ist dann schon 1954 und eigentlich schon mitten im frühen Hard Bop und wieder anders, strahlt auch ein anderes Selbstbewusstsein aus (das wär dann die „power of vulnerability“, wie Ethan Iverson sie in seinem tollen Essay über Lester Young beschrieben hat, und da taucht Miles Davis – quasi als der legitime und wie ich denke alleinige Erbe – auch auf).
An Trauer denke ich bei all dem übrigens wirklich nie – auch beim späten Baker nicht. Und ob da jetzt geschauspielert wird oder nicht oder ob die Flut an Veröffentlichungen bloss den Eindruck … verändert oder verfälscht – darüber habe ich echt nie nachgedacht. Ich finde Baker einen extrem unangenehmen Menschen (ich hab mich ja hier mal ausführlicher über den vielgelobten Film und wie ambivalent ich vieles davon finde – und wie Arschlochig das Auftreten und Verhalten von Baker – ausgelassen), der aber eine grosse Menge an Musik machte, die ich mich eben doch sehr berührt (aber gerade bei „Diane“ funktioniert das für mich auch nur halb so gut wie bei vielen, das ist so ein Album, das ich total lieben müsste, aber tatsächlich höre ich es, bewundere es irgendwie, stelle es weg und vergesse es in dem Augenblick wieder, bis ich es Jahre später wieder mal suche, und dann wiederholt sich das … vielleicht ändert das ja in 30 Jahren nach 5-6 weiteren Runden, wer weiss … that is, falls wir dann noch da sind und Musik hören können), gerade bzw. besonders in den späten Jahren, wo es eben keinen satten Bebop mehr zu hören gibt (den ich aber auch gerne mag, aber ich glaub das Mulligan Quartet von 1951/52 ist mir auch in Sachen Baker aus den frühen Jahren das liebste).
danke für all die Gedanken (auch an soulpope), ich hör den jungen Baker eigentlich auch nicht viel anders als Leute wie Shorty Rogers oder Jack Sheldon, wie du sagst: „einfach ein guter Bebop-Trompeter mit solider Technik, schönem Ton, vielen Einfällen und einem guten Flow, technisch ziemlich versiert und sicher“… und bei Diane muss ich euch beiden zustimmen: einerseits ist jetzt genau das Album komischerweise bei mir bislang nicht so eingeschlagen wie andere späte Baker Alben… aber in der Sache, klar: wenn er jetzt nach 1960 nur noch dieses eine Album gemacht hätte, würde man ihn total anders sehen… so ist halt jedes dieses wahnsinnig verletztlichen Alben der 70er und 80er irgendwie auch eine Masche… Betonung auf auch. Und klar ist das auch wieder nicht ganz fair…
wegen Miles, ja da dachte ich an die Blue Note Session mit Silver, hatte nicht auf dem Schirm, dass die kein Album ist… Mulligan/Baker kenn ich noch gar nicht so gut, wie ich sollte… Russ Freeman find ich in diesem Quartett mit Baker wahnsinnig gut… und ja, Trauer hör ich eigentlich auch bei all denen nicht… und nur weil die Vergleiche alle schief sind, heisst das nicht, dass sie einen nicht weiterbringen…
Shorty Rogers – Plays Richard Rodgers und Way Up There
in diesem Sinne, zwei Alben von 1957, die Highlights sind immer die Klarinettensoli von Jimmy Giuffre, aber auch sonst gibt es auf diesen Rogers Alben viel zu entdecken…
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