Antwort auf: Creed Taylor

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friedrich

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vorgartenJa, so höre ich das auch – auch wenn ich die Zeit im Jazz von 1969 bis 1975 als noch viel offener und experimenteller kennengelernt habe als das auf CTI abgebildet wird. Ich wollte ja eigentlich Idris Muhammads Karriere verfolgen und bin dabei nach dem 8. Boogaloo-Album auf Blue Note plötzlich bei Nat Adderley auf CTI/A&R gelandet – und plötzlich wehte ein anderer Wind. Jetzt ist das Adderley-Album nicht exemplarisch für Creed Taylors Soundkonzept, aber was dazu alles angemischt wurde, ist mit sehr offenen Ohren gehört worden. Das war ja auch eine Zeit, in der David Murray musikalisch sozialisiert wurde und von weißen Rockbands wie Latin und Freejazz gleichermaßen alles aufgesogen hat, und in der man Alice Coltrane den Suits von Warner Bros. verkaufen konnte.

War ein Momenteindruck, den ich hatte, als ich gestern Abend krankheitsbedingt in Schlafanzug und Bademantel am Wohnzimmertisch sitzend im Stream Alben von Turrentine und Hubbard der späten 60er einerseits und frühen 70er andererseits gegeneinander hörte. Da hört man schon eine deutliche Zäsur. Ist eine Binsenweisheit, aber da kann man deutlich ablesen, wie es durch künstlerische Stagnation auch wirtschaftlich zu einer Krise kam, auf die man erst reagierte – oder sich von außen Hilfe holte – , als es nicht mehr anders weiterging.* Nicht Turrentine oder Hubbard haben sich selbst neu erfunden, Creed Taylor hat sie für CTI neu erfunden.

Klar gab es da auch andere Entwicklungen, aber bei und ST und FH ist deren Wandel zu diesem Zeitpunkt in dieser Form klar erkennbar.

Die Orientierung an Rock und Soul(!) und Funk(!) dieser Zeit ist für mich sehr gut nachvollziehbar, denn diese Musik wurde damals erwachsen, musikalisch komplexer, griff aktuelle Themen auf. Da konnte man sich einiges abschauen.

*Ist in anderen Lebensbereichen ja auch nicht anders.

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“There are legends of people born with the gift of making music so true it can pierce the veil between life and death. Conjuring spirits from the past and the future. This gift can bring healing—but it can also attract demons.”                                                                                                                                          (From the movie Sinners by Ryan Coogler)