Antwort auf: Ich höre gerade … Jazz!

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gypsy-tail-wind
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Zwei Alben für Atlantic folgten, wobei die erste Session Ende Oktober 1957 auf dem zweiten Album landete, das „The Jazz Modes<“ heiss. Zu hören ist die gleiche Band inkl. Pozo und Gilbert (letztere gleich auf drei der vier Stücke der Session), die zweite und dritte (7. und 11 November 1957) dem Loesser-Projekt galt, das zuerst als The Jazz Modes Play Excerpts from the Frank Loesser Musical The Most Happy Fella erschien (gleiche Band minus Pozo, Gilbert nur auf einem einzigen Stück), bevor am 29. November 1958 eine letzte Session stattfand, bei der das zweite Album fertig gestellt wurde. Da kommen neben Watkins, Rouse, Mahones und Rivera mit Sahib Shihab am Baritonsax ein dritter Bläser und mit Jimmy Wormworth ein neuer Drummer zum Einsatz, die Zuzüger sind nicht mehr dabei. Im Interview, das als Liner Notes zu „The Most Happy Fella“ abgedruckt ist, erwähnt Watkins, dass Rouse (der auch dabei ist beim Gespräch) in jüngster Zeit mehr geschrieben und auch den Opener des Albums arrangiert habe. Trotz der teils eher cuten Stücke ist das Ergebnis gradliniger, jazziger als die Dawn-Alben – und das Horn erheblich besser aufgenommen, auch auf meinen Collectables-CDs (Tom Dowd und – vermutlich für die 1958er-Session – Bob Bushnell zeichneten im Atlantic Studio verantwortlich). Bassist Martin Rivera ist besonders bei den Loesser-Sessions sehr präsent – nichts als fair, ass er in „Don’t Cry“ auch ein Feature kriegt.

Und im letzten Album geht es erst recht zur Sache, inzwischen darf man die The Jazz Modes wohl als waschechte Hard Bop Combo betrachten, die nicht mal so klar er lyrischen Ecke (Farmer, Golson) zugewiesen werden kann. Die Tönung ist dunkler geworden, die Ensembles bleiben tight, das Barisax von Shihab fügt sich im Opener, „The Oblong“ von Watkins, hervorragend ein, gibt zusätzlichen Punch. Die Arranger’s Touches sind auch weiterhin da, so soliert Watkins im gleichen Opener länger über dem Ensemble, das dasselbe Riff spielt wie zu Beginn, wo Watkins‘ Melodien noch einigermassen wie notiert bzw. vorkonzipiert klingen. Sechs Stücke stammen von ihm, zwei haben eine exotische Ko-Urheberin, die Princess Orelia Benskina aus Panama (ihre Eltern stammten aus Barbados, hier gibt es etwas mehr zu ihr, auch ein Foto mit Louis Armstrong), die die Modes zweitweise managte und später auf auch einen Credit auf dem Blue Note-Album von Charlie Rouse kriegt – von dem die anderen zwei Stücke stammen. Wenn die Musik gradliniger ist, kommt vielleicht ein wenig die Begrenztheit von Rouse zum Vorschein: er liefert zwar ein tolles Solo am anderen … aber es ist irgendwie auch immer das gleiche Solo. Die Stimme von Gilbert wirkt dafür so gekonnt eingebettet wie bisher nie. Und dass Pozo ausgerechnet im langsamen Blues „Knittin'“ (eines von Rouses Stücken) auftaucht, ist ebenfalls überraschend unproblematisch (ich setzte meine Percussion-in-4/4-Swing-Aversion als forumsbekannt voraus, darum „überraschend“). in „This ’n‘ That“, dem zweiten ebenfalls recht simplen Rouse-Original, ist dann auch Shihab mal mit einem Solo zu hören und unterstreicht noch die dunklere Schattierung der Musik – die ja auch an den Covern ablesbar ist: vom Weiss des ersten Dawn-Albums zum verschlingenden Schwarz des letzten Albums, auf dem nur die Gesichter und die Instrumente sich abheben. Dass auf den letzten zwei Stücken Gilbert und Pozo wieder zu hören sind, sorgt dann nochmal für durchaus willkommene Abwechslung – und der Closer, „Princess“ (das zweite Watkins und der Princess zugeschriebene Stück) ist mit seinem trägen Flow wirklich toll. Rouse und Watkins spielen das Thema voller Sprünge im Unisono, toll von Mahones begleitet – ein Highlight zum Ende einer Band, die sehr gerne noch ein paar Alben mehr hätte machen dürfe.

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