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Sessions von Lester Young mit John Lewis gibt es ein paar – auf Clef/Verve und auch Radio-Mitschnitte. Ich hatte hier mal eine Übersicht über seine Working Bands zusammenzustellen versucht:
https://forum.rollingstone.de/foren/topic/tenor-giants-das-tenorsaxophon-im-jazz/page/25/#post-12155821
In Sachen Pianisten wusste er sich wirklich zu helfen: Junior Mance, Kenny Drew, John Lewis, Horace Silver, Wynton Kelly, Gildo Mahones … schade ist da eher, dass Granz ihn nie mit Silver oder Kelly aufnehmen liess (mit Mahones gibt es auch Verve-Aufnahmen, mit den anderen nicht).
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Bei mir seit gestern Abend, jetzt nochmal CD 3, etwas aufmerksamer als gestern, als es spät wurde:
Charles Mingus & The Jazz Workshop All Stars – The Complete 1961-1962 Birdland Broadcasts | Hatte gar nicht mehr im Kopf, dass die Klangqualität hier alles in allem doch sehr gut hörbar ist … die Musik ist gut bis super, gibt jedenfalls sehr interessante Einblicke, gerade auch, weil sonst nicht dokumentierte Line-Ups dabei sind. Sieben sind es insgesamt, und sie fallen in eine diskographische Zwischenphase: Herbst 1961 bis Herbst 1962, also ca. von nach den Candid-Sessions bis zu ein paar Tagen nach dem Town Hall Konzert vom 12. Oktober 1962, das ja damals als Desaster wahrgenommen wurde. Im Januar 1963 entsteht dann „Black Saint and the Sinner Lady“, und wie es 1964 weiter geht, wissen alles Mingus- und Dolphy-Fans …
Hier gibt ess:
61-10-21: Jimmy Knepper (tb), Roland Kirk (ts, manz, stritch etc.), Yusef Lateef (ts, fl), Mingus (p), Doug Watkins (b), Dannie Richmond (d)
62-03-24: Richard Williams (t), Charles McPherson (ts [oder doch as?]), Booker Ervin (ts), Jaki Byard (p), Mingus (b), Richmond
62-03-31: Williams, McPherson (as), Ervin, Toshiko Akiyoshi (p), Mingus (b), Richmond
62-05-05: Williams, McPherson, Ervin, Akiyoshi, Mingus (p, b), Henry Grimes (b), Herman Wright (b), Richmond
62-05-12: Williams, McPherson, Ervin, Akiyoshi, Mingus (b), dazu Henry Grimes (b)
62-10-19: prob. Edward Armour (t), McPherson, Pepper Adams (bari), Don Butterfield (tuba), Byard, Mingus (b), Richmond
62-10-26: Armour (flh), McPherson, Adams, Butterfield, Byard, Mingus, Richmond
Das sind für sich genommen allesamt Bands, die es so nicht im Studio gibt … dass McPherson von Mingus so geschätzt wurde, mag angesichts der direkt nach Dolphys Ausstieg entstandenen Aufnahmen (und auch der Candid-Aufnahmen, wo beide präsent sind) manchmal etwas verwundern, aber sein Spiel hier hilft, das zu verstehen … toll finde ich es auch, so viel von Richard Williams hören zu können, den Mingus wohl damals mal seinen Lieblingstrompeter nannte – aber ins Studio brachte er dann doch Ted Curson, als es Aufnahmen mit kleinen Bands gab, Williams ist aber immerhin auf „Pre-Bird“ und „Mingus Dynasty“ in etwas grösseren Line-Ups mit dabei). Lateef mit der „Oh Yeah“-Band zu hören (im Studio war er nur bei „Pre-Bird“ dabei, hinterliess dort aber im Gegensatz zu Williams seine Marke), ist super, Kirk auch einmal dabei zu haben natürlich auch … im März 1962 gibt’s dann eine stabile Ban einfach mit Wechsel am Klavier (und ev. wirklich mit McPherson am Tenor, mir fiel auf, wie schwer er klingt, aber in die Details geguckt hatte ich nicht). Im Mai wird’s etwas bunter, weil Mingus wieder ans Klavier wechselt aber auch Toshiko wieder dabei ist, die auch ihr Feature kriegt (Bud Powells „Reets and I“ mit Richmond und einem der Gast-Bassisten, ohne Bläser), während Henry Grimes für den im Februar umgekommenen Watkins den Bass-Posten übernimmt. Die zweite Mai-Session ist dann wieder mit stabilem Line-Up – und ohne Richmond, was dem ganzen eine Art Kammermusik-Touch gibt, den ich sehr faszinierend finde. Diese Session gehört eigentlich neben die anderen Experimente von Mingus aus der Zeit (am frz. Impressionismus angelehnte Klangwelten, Third Stream, Surrealismus und was es alles gibt). Henry Grimes taucht auf „Peggy’s Blue Skylight“ als zweiter Bassist auf (die Atlantic-Aufnahme davon erschien erst 1964 auf „Tonight at Noon“ auf) – und die zwei Bässe klingen manchmal fast wie ein Cello und ein Bass. Im Oktober 1962 ist dann eine neue Band zusammen, Don Butterfields Präsenz lässt schon „Black Saint and the Sinner Lady“ erahnen, aber das ist gradlinige Mingus-Musik aus der 1959-61-Ecke, mit Bläsern, die es sonst so nirgends gibt, die aber alle Teil der riesigen Band waren, die am 12. Oktober in der Town Hall zusammenfand (Toshiko und Dolphy waren da auch dabei, und auch Charlie Mariano und Jerome Richardson, die im Januar 1963 auf „Black Saint“ prägende Auftritte haben würden). Der kleine Wehmutstropfen ist vielleicht das Repertoire. Dass „Eat That Chicken“ als Thema der Band sieben mal in kurzen Versionen auftaucht, ist nicht tragisch, aber die Oktober-Sets bestehen z.B. beide aus „Monk, Bunk or Vice Versa“ (da steht konsequent „Funk“ statt „Bunk“, das Stück gibt’s vier Mal, auch je einmal vom März und Mai) und „The Search“, Mingus‘ Adaption von „I Can’t Get Started“, sowie je einem weiteren Stück („Please Don’t Come Back from the Moon“ am 19., „O.P.“ am 26. Oktober).
Auslöser für das Hören: das erste Jazzkonzert des Jahres, bei dem ein Trio zwei feine Sets mit Musik von Mingus spielte … schreibe später ein paar Zeilen.
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