Antwort auf: Vanguard Jazz Showcase (1953–1958)

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Am 1. Juli 1954 war Ruby Braff erneut als Gast bei einer Session dabei. Buck Meets Ruby hiess die 10″-Platte von Buck Clayton, auf der auch Benny Morton, Buddy Tate, Jimmy Jones, Steve Jordan, Aaron Bell und Bobby Donaldson zu hören sind. Vier Stücke sind zu hören: zwei lange auf der ersten Seite, von dessen zweitem, „Kandee“, in der Mosaic-Box erstmals auch ein Altenrate Take erscheint – mit etwas weniger guter Balance: es war der erste komplette Take der Session mit der ganzen Band, nach dem Opener nur mit Trompeten und Rhythmusgruppe. Auf der zweiten Seite finden sich ein sehr langes „I Can’t Get Started“ und das kürzere „Love Is Just Around the Corner“ zum Abschluss.

Und hier gibt es den ersten Ausfall der 1-Mik-Technik: im Opener „Just a Groove“ klingen die Trompeten mit ihren Dämpfern (Clayton mit cup, Braff mit straight mute) anfangs viel zu leise. Auch das Klavier klingt hier nicht gut, die akustische Gitarre dafür sehr laut. Doch nach Jimmy Jones‘ Solo legen die Trompeter die Dämpfer weg und sind sofort wieder korrekt im Mix. Natürlich liefern die Trompeter hier Feuerwerke ab, aber auch Morton und besonders Tate haben feine Momente.

Das Highlight ist die fast elfminütige Version vom Klassiker von Vernon Duke (Lyrics: Ira Gershwin). Clayton spielt das Thema am offenen Horn, begleitet von Braff, der ihn mit Dämpfer umspielt und in der Bridge dann offen den Lead übernimmt. Tates Ton ist danach extrem schön eingefangen – dafür klingt das Klavier in der Distanz fast wie eine Celesta … Jones kriegt in dem Chorus die Bridge, Tate übernimmt diese dann im folgenden Chorus von Braff. Danach ist Jimmy Jones an der Reihe, während Donaldson manchmal die Besen auf der Snare ein wenig tanzen lässt. Clayton übernimmt hier die Bridge – zarter singend als Braff in seinem ebenfalls sehr stimmhaft phrasierten Solo. Der letzte Solo-Chorus gehört Morton und Bell übernimmt die Bridge. Die Bläser spielen dann in der Rekapitulation suspended chords und Clayton spielt darüber eine bezaubernde Paraphrase des Themas, während Jones nochmal die Bridge kriegt. In den letzten acht Takten stösst Braff wieder als Echo mit Dämpfer dazu.

Danach bietet „Love Is Just Around the Corner“ einen lockeren Abschluss. Tate glänzt nochmal in seinem halben Chorus, auf den Braff folgt. In der nächsten Runde sind Morton und ein verspielter Clayton zu hören, bevor Bell ein paar Takte kriegt und das Ensemble das Stück gemeinsam beendet. Die Rhythmusgitarre von Steve Jordan trägt das alles mit felsenfester Time.

Im Booklet findet sich auch die Anweisung, die Hammond den Musikern für die Session am 1. Juli 1954 mitgab: „Just relax and play. No engineers in sight, no flashing lights, nothing but music. Only please keep cigarettes off the piano.“ (Letzteres war von Steinway zur Verfügung gestellt worden … schade, ist es nicht besser aufgenommen hier.)

Braff spielt gemäss den Angaben übrigens stets Trompete hier, nie Kornett.

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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #159: Martial Solal (1927–2024) – 21.1., 22:00; #160: 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba