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Ach, was soll’s, dann hör ich doch noch etwas mehr als eigentlich geplant … aus der Tube gerade JazzBaltica Ensemble Directed by David Murray JazzBaltica ’92 – Baltic Suite: Extensive Fragments. @vorgarten hat natürlich auch darüber schon geschrieben. Und tatsächlich funktioniert das alles sehr gut. Eine lange Suite mit vielen starken Soli, deren Einstieg der Chef an der Bassklarinette macht, gefolgt von Tomasz Stankos unverkennbaren Trompete und dann tatsächlich einer ersten Überraschung: Nils Landgren an der Posaune. Das ist zwar ein langer Solo-Reigen, aber es gibt Kommentare, man lässt einen Solisten auch mal ganz allein, und da und dort gibt es längere ausgeschriebene Ensemble-Passagen (die stehen in der Liste oben). Aktiv ist besonders Andreas Willers an der Gitarre, zentral für den Groove und die Stabilität des ganzen Anders Jormin am Bass, für meine Ohren nicht so toll hingegen Jukkis Uotila, der Drummer. Am Schluss wird mir das etwas zu bunt: Blues für Heberer, daraus ein Rockgitarren-Solo, dann nach dem zweiten Posaunensolo ein Wechsel zu einem James-Brown-Lick, das schnell zum Murray-Lick wird, über das Willers weiterhin ein JB-Lick spielt, während darüber Howard Johnson das tolle zweite Tubasolo spielt – dabei wieder allein gelassen wird … doch nicht ganz, denn der andere Tubaspieler stösst zum Elefanten-Duett dazu. Und so findet das doch ein versöhnliches Ende – wäre da nicht noch ein schnell ausgeblendetes boppigs Tutti, das ziemlich angeklebt wirkt. Live kann das alles sehr toll gewesen sein, keine Frage!
Und das hier läuft gerade auch noch, Deutschland im Juli 1993:
vorgarten
LIVE ’93 – acoustic octfunk (1993)
das ist dann mal wieder ein echter knaller. murray ist mit fred hopkins und andrew cyrille in deutschland unterwegs und haut einen saal (wo genau, steht nirgends) aus den socken. super live-aufnahme, uneben, improvisiert, ab und zu wird zu einem schreienden publikum geöffnet, murray pustet hinter den begleitern herum, die ihre ganz eigene sophistication zu laut im sound abgebildet bekommen. hopkins spielt walking-bass-läufe, bei denen regelmäßig was mitschnarrt, die töne abrutschen oder wegspringen, cyrille trommelt mit minimalem beckeneinsatz kreuzrhythmen und denkt zwischendurch noch darüber nach. altes material hauptsächlich, „flowers for albert“, butch morris‘ „joanne’s green satin dress“ sind vom debütalbum, „calle de estrella“ erlebt auch schon seine dritte murray-aufnahme, „mr. pc“ – alles sachen, für die sie keine absprache brauchen. etwas ungelenk dann der neue closer, der titelgebender „acoustic octfunk“, der ist so gar nicht eingespielt, aber die glamourösen soli lenken davon ab. ein happening mit sonny-rollins-euphorie – dass anfang der 90er ein saxtrio so viel anrichten kann, durfte man auch nicht unbedingt erwarten.
Da mag ich gerade gar nichts weiter dazu schreiben, ausser dass das wirklich super ist und mir gerade sehr viel Freude bereitet!
Das mit den zwischendurch aufgedrehten Saalmikrophonen ist allerdings höchst irritierend, weil obendrein auch die Musik wärmer und satter klingt, wenn die Mikrophone geöffnet sind – seltsame Produktionsstrategie … vielleicht dem japanischen Markt geschuldet, für den das Album ja exklusiv produziert wurde.
Gehört habe ich das hier:
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #160: Barre Phillips (1934-2024) - 11.2., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba