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vorgarten
unbedingt pause machen, wenn dir nicht aufgefallen ist, wie toll SOUTH OF THE BORDER ist![]()
Ich bin jetzt wieder ungefähr an dem Punkt, an dem ich Ende September aufgehört habe … im gleichen Post wie die obige Bemerkung (die natürlich korrekt ist), findet sich dann auch noch die Entdeckung von Murrays Mitwirken beim Album „Love for Sale“ des florentiner Pianisten Luca Alex Flores:
vorgarten
tatsächlich bist du (genauso wie ich) mit 1991 noch nicht fertig, wie ich gerade festgestellt habe:luca alex flores, love for sale (1991/93)
ich hatte bisher nur das erscheinungsdatum gefunden, aber auf einer abgebildeten rückseite steht auch das aufnahmedatum (oktober 1991, wo murray das noch dazwischengequetscht hat, bleibt ein rätsel).
der pianist und leader war mir bislang kein begriff, in der italienischen (post)boptradition und ihren lehrer-schüler-verhältnissen war er offenbar das missing link zwischen pieranunzi und bollani, er ist allerdings keine 40 geworden (freitod 1995). ich hätte da jetzt gar nicht so genau nachgesehen, hätte mir das album nicht ausgesprochen gut gefallen. der bassist riccardo del fra ist hier wohl einigen bekannt, der drummer ist giulio cappiozzo, an der flöte hört man nicola stilo, allerdings sind auch noch (mit soli!) eine trompete, eine gitarre und ein altsax zu hören, eine sängerin singt den luigi-tenco-song „angelo“, auf der coverrückseite steht nur „and others“, eigenartig. und auf dem coverbild hier ist noch was bei den namen verrutscht, bianchi dürfte also der gitarrist sein…
murray kommt für drei stücke dazu. in „love for sale“ sprengt er mit einem selbstbewussten soli die charmante leichtigkeit des ziemlich hübschen arrangements, sie kriegen ihn auch nicht mehr eingefangen. ganz anders dann auf der großartigen version von „in a sentimental mood“, in dem flores (auf einem warmen fender rhodes) und murray ganz uneitel und gefühlvoll zusammen in die tiefe gehen. ganz am ende gibt es noch einen einfachen blues, der murray kompositorisch zugeschrieben wird, einfaches playing-material, das einfach funktioniert. der rest ohne murray ist zum teil ganz anders, flores spielt auch mal einen spacigen synthesizer, aufgenommen ist das alles sehr gut, ich entdecke in jedem stück etwas, was mir gefällt. empfehlung für @.gypsy-tail-wind, auf discogs gibt es auch eine quelle aus der schweiz, könnte mir aber auch vorstellen, dass das hier auch anderen gefällt. super blindfoldtestmaterial.
Die Quelle in der Schweiz (ein längst vertrauter Anbieter) hatte ich genutzt und das Album im Oktober auch schon angetestet … und ja, das ist wirklich schön! Statt des verkorksten Bildes von Amazon im obigen Post hier die meine CD-Version, mit etwas weniger Fehlern im Layout:
Ich habe drüben bei Discogs gerade ziemlich mühselig die korrekten Details zum Line-Up nachgeführt (ich hab die CD von 1993, also genau genommen nicht jene, zu der der obige Scan gehört):
https://www.discogs.com/release/3178933-Luca-Flores-Love-For-Sale
Ich finde das auch ein sehr schönes Album. Es geht durch ganz unterschiedliche Stimmungen von halb orchestral (grosse Band im Stück, das bei Discogs „It A Uno“ heisst, aber das A ist eigentlich auch ein O, quasi ineinander oder eher halb übereinander geschoben) mit Background-Sängerinnen und Synthesizer zum Fusion von „Waltz for a Sad Day (2)“, von Monk („Ask Me Now“, schönes Trompetensolo von Fabio Morgera) zum Post-Bop … „In a Sentimental Mood“ mit Murray ist wirklich ein Highlight hier, auf „Toy Town“ darf die Trompeterin Hilaria Kramer (aus der Ostschweiz, hier aber italianisiert als „Ilaria“) glänzen … und am Ende gibt es den erwähnten Throwaway-Blues mit Murray, mit der Basisband von drei seiner vier Tracks (Flores-p, Del Fra-b und Giulio Capiozzo-d).
Vielleicht kann man dem Album vorwerfen, zuviel aufs Mal zu wollen? Man kann es aber auch einfach als eine schöne Werkschau eines begabten Pianisten betrachten, dessen Leben nach schwierigen Jahren (mittendrin entstehen diese Aufnahmen) ein viel zu frühes, trauriges Ende nahm. Wie der Kontakt zu Murray zustande kam, würde mich dabei echt wundernehmen.
(Falls Murray in „Sophia“ wirklich mitspielt, dann nur in den Begleit-Riffs im Thema – gut möglich, dass das wirklich zwei Saxophone sind … solistisch sind hier Stilo und der Leader zu hören und die Band ist eine andere als die auf den drei Stücken mit Murray … vielleicht ist das auch ein Fehler und die Sax-Riffs kommen von Fulvio Sisti … eine Trompete ist hier auch nicht zu hören – aber Discogs verlangt ja strikt, dass Fehler vom Cover auch in den Einträgen wiederholt werden, und so hab ich das jetzt halt mal eingegeben.)
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