Antwort auf: blindfoldtest zum jahresende

#12422017  | PERMALINK

friedrich

Registriert seit: 28.06.2008

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02.01. – Sehr stimmungsvolle Einleitung mit geschmeidigem Bläserarrangement. Das gefällt mir schon mal gut. Mein Verdacht ist, dass das aus der West Coast Cool-Ecke kommt, Gerry Mulligan, Shelly Manne oder so, wobei die es sicher nicht sind. Hat etwas hoch professionelles, das sind Leute, die Big Band- und Studio-Cracks – was ich anerkennend meine. Aha, hier wird im Titel des Albums sogar explizit auf Shakespeares Drama Bezug genommen.

02.01. – Auch das würde ich im West Coast Cool verorten. Understatete kühle, aber auch samtig zarte Bläser, sowohl die Trompete als auch das Sax.

02.03. – Es bleibt cool. So eine schönen warmen Eintsieg mit der Posaune hört man auch nicht alle Tage. Das Altsax zwangsläufig etwas spitzer, was aber auch einen schöne Kontrast ergibt – auch mit dem dann daruntergelegten Bläserarrangement. Hier wird aus der eigentlich recht kleinen Besetzung viel Klang rausgeholt.

02.04. – Das kann ja nur Jimmy Smith sein. Den kenne ich eigentlich fast nur aus dem Soul Jazz-Bereich. Hier mal etwas ruhiger. Schön, aber für meinen Geschmack auch etwas brav. Aber an Heilig Abend höre ich mir das vorm Kamin gerne an.

Bis jetzt hätte ich übrigens keine der Kompositionen erkannt. :-(

02.05. – Back to cool! Alles nur getupft, fast nur angedeutet. Das Piano bringt dann etwas Drama in die Sache. Ich warte die ganze Zeit auf den Einsatz der Posaune, die der leader ja wohl spielte und die ja auch auf dem Cover abgebildet ist. Aber er setzt hier wohl aus bzw. wechselt an Piano und eigentlich fehlt sie auch nicht. Ah, ein ausschließlich Alec Wilder gewidmetes Album!

02.06. – Piano solo. Sehr verträumt, aber auch mit Gefühl und zunehmend Drama. I’ll Be Around klingt hier gar nicht creepy, sondern sentimental und wehmütig. Da kriegt man fast feuchte Augen.

02.07. – Das packt mich sofort. Rechts drums, links percussion, beides greift wunderbar ineinander, dann darüber oder darunter der Bläserteppich, abgelöst durch die akustische Gitarre, die wiederum perfekt zur percussion passt. Großartiges Mit-, Gegen- und Nacheinander aller Beteiligten. Hat das übrige Album auch diese Qualität? Kenny Burrell habe ich nicht erkannt, kenne ihn aber ansonsten auch nur mit der elektrischen Gitarre. Und dass er was mit Gil Evans gemacht hat, wusste ich auch nicht. Die Komposition kannte ich auch nicht, kann sie daher auch nicht erkennen. Kommt mir so vor, als würde ich insgesamt nicht allzu viel wissen. ;-)

02.08. – Holla, Kontrastprogramm! Noch mal While We’re Young, aber komplett anders interpretiert, lebhaft, rasant und als fast alleiniges feature fürs Alt-Sax. Ach, jetzt bekommen Trompete und Piano auch noch ihren Auftritt. Das boppt heftig, sticht aus dem Rest dieses BFT-Mixes völlig heraus. Fände ich live bestimmt toll, in diesem Zusamnehang berührt es mich nicht so sehr.

02.09. – Keith Jarrett erkenne ich hier an den ersten paar Takten, noch bevor er anfängt mitzusingen. Jarrett und Haden fast im Duo, der von mir sehr geschätzte Paul Motian hätte hier eigentlich auch konsequent einfach die Hände in den Schoß legen können. Wunderschön. Braucht man eigentlich nicht viel dazu zu sagen. Mich verblüfft, das KJ hier eigentlich genauso klingt wie auch 20-30 Jahre später.

02.10. – Nochmal Piano solo. Verträumt, wie für sich selbst spielend, Erinnerungen nachhängend. Der Applaus reißt einen dann aus dieser Stimmung raus. Ansonsten aber ein sehr schöner Abschluss dieses BFT-Mixes.

Vielen Dank dafür, lieber @vorgarten ! Das war ein schöner besinnlicher Mix zum Jahresende. In diesem Sinne wünsche ich Euch allen beschauliche, friedliche und gesunde Tage!

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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)