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Die Aussagen bezüglich des Begriffs Trigger bzw. triggern, die hier getroffen wurden, um eine Verwendung des Wortes zu diskreditieren, entbehren jeder Grundlage. Das fängt schon damit an, dass es keineswegs ein fest definierter Terminus ist mit exakt einer Bedeutung hat. Das gilt nicht einmal für die Psychologie, wo der Begriff von einem Auslöser für eine völlig unpathologische emotionale Reaktion bis hin zum einem Auslöser für ein Flashback bei PTBS-Patienten quasi alles sein kann.
Das ist auch wenig überraschend, denn das Wort wurde ja nicht etwa als psychologischer Fachterminus in die Welt gebracht, sondern aus der Sprache der Technik übernommen. Auch der Begriff Wahn, als ein weiteres Beispiel, ist deutlich älter als die Psychologie.
Der Gedanke, ein solches Wort aus der Umgangssprache zu verbannen ist daher nicht nur weltfremd, sondern darüber hinaus auch keineswegs eine unumstrittene Hilfe für Betroffene von Phänomenen wie der PTBS. Statt den sinnlosen Versuch zu unternehmen, (sprachliche) Trigger aus der Welt zu schaffen, ist z.B. eine Förderung der Resilienz der Betroffenen vorzuziehen.
Dem geforderten Verzicht auf den Begriff liegt dagegen die moderne Tendenz zugrunde, wirklich alles auf sich selbst zu beziehen und aus wirklich allem ein absichtsvolles, mindestens mikroverletzendes Verhalten zu konstruieren und sich selbst damit als Opfer zu betrachten. Tatsächlich aber nimmt es dem Opfer eines traumatischen Erlebnisses nichts, wenn ein Begriff wie Trigger in einem alltäglichen Sinne gebraucht wird, und nur in sehr wenigen Fällen ist dahinter eine aktiv feindselige Handlung zu sehen. Das anders zu deuten impliziert auch eine Zementierung der angenommenen Opferrolle. Wo dagegen tatsächlich in herabsetzender Absicht ein Therapie Slang verwendet wird, ist die Forderung nach Verzicht darauf sinnlos. Denn der Täter will ja verletzen, und seine Absicht wird durch eine Sprachregulation kein Stück weit geändert. Bestenfalls nutzt der Täter dann eben andere Begriffe.
Kritisiert wird auch, dass die Verwendung det fraglichen Begriffe einer gefährlichen Küchenpsychologie und damit auch -therapie Vorschub leiste, als sei diese Tendenz nicht seit den Anfängen der Psychologie vorhanden. Wissenschaft, egal welcher Disziplin, findet nun einmal nicht mehr im Elfenbeinturm statt. Das hat immer positive und negative Folgen, ist aber insgesamt begrüßenswert.
Positiv wird sogar angenommen, dass die Verwendung von Begriffen aus der therapeutischen Fachsprache für eine Entstigmatisierung sorgen kann, da dadurch die Normaltät psychischer Probleme im allgemeinen Bewusstsein gefördert wird.
BTW: Auch der Begriff Panik wäre einer, den man nicht mehr verwenden dürfte, wenn das propagierte Konzept eines Verzichtes auf „Fachworte“ im Alltag allgemein angeendet würde. Dennoch behauptet meines Wissens niemand, dass es schädlich für Opfer von Panikatacken sei, wenn in völlig anderen und letztlich harmlosen Kontexten beispielsweise von einer Torschlusspanik gesprochen wird.
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And all the pigeons adore me and peck at my feet Oh the fame, the fame, the fame