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Moin @friedrich
friedrich
Danke für Deine ausführliche Antwort. Habe ich gar nicht erwartet.
Aber befürchtet ?
Nette Geschichte. Ich selbst habe übrigens keine Ahnung, was Tonika, Dominante und Subdominante sind, obwohl ich die Begriffe natürlich kenne.
Habe noch einmal nachgeschaut, das tourist-trap-side-Zitat findet sich im zweiten Blues-Crap-Sampler. Was die Begleittexte beider, von Matthew Johnson verfasste, einem der Eigner von Fat Possum, eint, ist, dass es sich jeweils um einen rant zur damals aktuellen Blues-Szene handelt, ohne konkret zu werden (jedenfalls nicht bezogen auf Musiker- oder Label-Namen, erwähnt wird nur Dan Aykroyd, und das es ein Albtraum wäre, aufzuwachen und Aykroyd wäre der Sprecher für etwas, was du liebst). Das gipfelt in der sehr selbstbewussten, für mich bei aller Verehrung für Fat Possum aber auch quatschigen Aussage, dass es zwei Arten von Blues-Alben gibt, Fat-Possum-Alben, „which don’t suck“, und alle anderen. Andererseits stellt er das eigene Schaffen in eine Reihe von British Invasion, Punk und dem zum Zeitpunkt der Fat-Possum-Grundsteinlegung ja noch halbwegs aktuellem Grunge. Da ergibt es vielleicht Sinn, verbal auch ein wenig auf die Tonne zu hauen.
Dem „polternden und groovenden Klang“ bist Du mittlerweile etwas abhold geworden? Ich mag das immer noch sehr, auch diese Version der Black Keys. Auf dem jüngeren und erwähnten Delta Kream gibt es erneut Kimbrough-Cover, auch mit Musikern aus dem Umfeld, wobei ich nicht genau weiß, ob die mal zur Band von Kimbrough gehörten. Jedenfalls fühlen sie sich ihm wohl sehr verbunden.
Kimbrough selbst gehört zu meinen Favoriten, sein Most Things Haven’t Worked Out wäre bei mir mindestens in einer real allerdings nicht existierenden Blues-Top-50, eher Top-20. Einer der wenigen Musiker, dessen Musik mir immer ein ziemlich konkretes Bild ins Hirn pflanzt. Nicht unbedingt schön, aber intensiv. Kimbrough ist für mich immer wie der Soundtrack zu einer enorm schwülen Sommernacht, in der du mit einem Schweißfilm auf der Haut im Bett liegst, noch im Dunkel, aber genau in dem Moment kurz vorm aufwachen, wenn du einen Sextraum hast, der aber gleichzeitig auch bedrohlich ist, und das auf Albumlänge gezogen. Und wenn ich der einzige bin, der das kennt, habe ich zu viel geschrieben.
Den subjektiv identifizierten Trends war ich in verschiedenen Lebensphasen unterschiedlich zugeneigt. Gehalten haben sich nur die Gaststar-Alben, die mir durchaus gefallen, die bei mir aber auch nicht ein branding als Karriere-Highlights innehaben. Das erste Blues-Album von Gary Moore gefiel mir bei Erscheinen sehr, inzwischen besitze ich es aber nicht einmal mehr. Verachtenswert finde ich das alles aber auch keineswegs. Letztlich ist mir auch jeder willkommen, der die Fackel irgendwie weiterträgt und vielleicht den einen oder anderen Hörer auch an die Originale heranführt, ich habe schließlich auch nicht mit Hooker und Waters begonnen. Und gegen Aykroyd und die Blues Brothers habe ich im übrigen auch nichts, um den Kreis zu schließen.
Diese 52-CD-Box ist von membran und war entsprechend sehr billig. Gekauft habe ich die vor allem, um auf günstigem Wege noch einmal zu überprüfen, ob ich nicht mittlerweile doch klar komme mit der Aufnahme-Qualität von Pre-War-Aufnahmen. Ein bisschen Beifang von späteren Musikern, von denen ich zu dem Zeitpunkt noch keine eigenen Alben hatte, gab’s auch. Die Ergebnisse waren eher gemischt. Letztlich habe ich mir von den Pre-War-Musikern nur den fabulös außerweltlichen Blind Willie Johnson noch einmal gesondert gekauft. Und ich finde es ziemlich sonderbar, wenn in einer Box mit 52 CDs mehr als 100 Musiker bis in die 50er (vielleicht 60er, weiß ich gerade nicht genau) die Bluesgeschichte präsentieren, aber Blind Lemon Jefferson und Ma Rainey fehlen, stattdessen aber ein Slim Gaillard gepickt wird, dessen Name mir im Rahmen dieser Box wohl überhaupt erstmals begegnete. Heute würde ich die Box wohl nicht mehr kaufen und ich wüsste auch nicht, wem man sie überhaupt empfehlen sollte, aber nu‘ isse hier, und die Musik ist ja tadellos, da lasse ich halt auch immer mal etwas aus ihr laufen.
Und Little George Sueref finde ich übrigens tatsächlich sehr stark.
zuletzt geändert von zoji
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Und lieg´ich dereinst auf der Bahre, dann denkt an meine Guitahre, und gebt sie mir mit in mein Grab (Der rührselige Cowboy, D. Duck)