Antwort auf: Der letzte Film, den ich gesehen habe (Vol. II)

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Vorhin im Kino: Ernest Cole: Lost and Found (Raoul Peck, USA/FR 2024) – ein ziemlich guter Film alles in allem (ein paar Dinge störten mich etwas: eigentlich ist das ein Film aus Fotos von Cole, dazu kommt Material, das so gedreht – oder bearbeitet ist, als stamme es aus den Achtzigern und quasi als Kitt zwischen die Fotos geschoben wird … vermutlich hat Peck das die letzten Jahre gedreht, aber klar wird das nicht, klar sind aber die Interviews mit dem Neffen und ein paar anderen, die eingeschoben werden (manche auch nur mit Fotos und gesprochenem Text der Off-Stimme … und woher die kommt, die Geschichte, die sie erzählt, dabei vorgebend, von Cole zu stammen (quasi redigiertes Tagebuch), aber nach dem Tod weiterkommentiert … woher kommt das? Wie verlässlicht ist das alles? Wie es dazu kam, dass vor ein paar Jahren plötzlich in Schweden tausende Abzüge und Negative in einem Schliessfach in Schweden aufgetaucht sind (die dann der Familie übergeben wurden, im Gegensatz zu den paar hundert Vintage Prints der Hasselblad-Stiftung – da werden gemäss Abspann inzwischen immerhin Gespräche mit der Familie geführt). Vor allem aber ein Film über einen bedeutenden Photographen und dessen Werk, das ausgiebig zu sehen ist – und das ist verstörend und krass, weil er in Südafrika die Realität der Schwarzen eingefangen hat, das ganze Elend, die Armut, die Gängelei, die harten Repressalien, die Willkür, die Verhaftungen usw. In den USA machte er ähnlich weiter – und fand eine gar nicht so andere Situation vor, was er auch angesprochen hat. Der Rest ist dann eher traurig: allmählicher Rückzug bzw. allmähliche Marginalisierung, Versuche, einen Pass zu kriegen, um wieder in die Heimat zu reisen, scheiterten. Cole wurde nur 49 Jahre alt. Er starb acht Tage nach Mandelas Freilassung in New York. Vieles kann in so einem Film natürlich nur gestreift werden … mich hätte natürlich etwas mehr zur Musik interessiert: Cole nannte Abdullah Ibrahim einen Freund (gemäss der Off-Stimme zumal), er hatte bei Jürgen Schadeberg gelernt; im Film hat Miriam Makeba ein paar Auftritte, Fotos von Kippie Moeketsi werden gezeigt – und natürlich gibt es einen tollen Soundtrack, so weit von Hans Zimmers Gebrauchs-Kleister entfernt, wie nur denkbar).

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