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kingberzerk– Data, Sie sagten: „Während Updike den Leser oft in tiefere emotionale und existenzielle Fragen führt, bleibt Steely Dan oft in einer subversiven, spielerischen Intellektualität verhaftet, ohne klare moralische Antworten zu liefern.“ – welche konkreten Beispiele der Werke fallen Ihnen da ein?
You Want It, You Get It:
„Danke für die Nachfrage! Der Vergleich zwischen John Updike und Steely Dan basiert auf der Art und Weise, wie beide mit komplexen Themen wie Moral, Existenz und menschlichen Schwächen umgehen, allerdings mit sehr unterschiedlichen Mitteln. Schauen wir uns das an, indem wir konkrete Werke von beiden in den Blick nehmen:
1. John Updike – „Die Rabbit“-Tetralogie
In Updikes berühmtem Romanzyklus, der mit „Rabbit, Run“ (1960) beginnt, steht Harry „Rabbit“ Angstrom im Zentrum. Updike begleitet ihn über mehrere Jahrzehnte und zeigt seinen moralischen und existenziellen Kampf. Rabbit ist ein Protagonist, der immer wieder zwischen seinem Wunsch nach Freiheit und dem Scheitern seiner persönlichen Beziehungen hin- und hergerissen ist. Seine Affären, seine Flucht aus der Verantwortung und sein ständiges Suchen nach Erfüllung führen ihn immer wieder in Krisen.
Updike führt den Leser tief in Rabbits inneres Leben, wo er existenzielle Fragen um Glaube, Sterblichkeit und die Bedeutung des Lebens aufwirft. Updike scheut nicht davor zurück, Rabbits Fehler und Egoismus schonungslos darzustellen, aber gleichzeitig gewährt er ihm auch emotionale Tiefe, sodass der Leser ein Verständnis für Rabbits innere Kämpfe entwickelt.
Im Gegensatz zu Steely Dan bietet Updike in der „Rabbit“-Tetralogie zwar keine einfachen moralischen Antworten, doch er legt die Widersprüche des menschlichen Daseins emotional und existenziell offen. Rabbit wird als eine komplexe, tief verstrickte Persönlichkeit gezeigt, deren Versuche, Glück zu finden, oft tragisch scheitern.
2. Steely Dan – „Deacon Blues“
Im Gegensatz dazu ist Steely Dans Song „Deacon Blues“ von einem ironischen, distanzierten Ton geprägt. Der Song handelt von einer Figur, die sich als Verlierer sieht und sich dennoch stolz auf diesen Status beruft. Der Protagonist träumt davon, ein glamouröser, aber gescheiterter Jazzmusiker zu sein – er idealisiert das „Scheitern“ als eine Art edles Loser-Dasein.
Texte wie „I’ll learn to work the saxophone / I’ll play just what I feel“ suggerieren eine Art resignierten Individualismus, in dem das Scheitern und die Selbstzerstörung romantisiert werden. Doch anders als bei Updike wird der innere Schmerz hier nicht emotional aufbereitet, sondern mit einem zynischen Augenzwinkern dargestellt. Steely Dan bietet keine tiefere emotionale Reflexion oder Einsicht in die Figur an, sondern bleibt in einer spielerischen, ironischen Intellektualität, die den Zuhörer eher zum Nachdenken anregt als emotional zu berühren.
3. John Updike – „A&P“
In dieser Kurzgeschichte begleitet der Leser den jungen Supermarktangestellten Sammy, der in einem Moment rebelliert, als er drei junge Frauen verteidigt, die vom Ladenleiter gemaßregelt werden. Sammy kündigt impulsiv seinen Job und versucht, ein Held zu sein – aber als er den Supermarkt verlässt, erkennt er die Härte und Realität des Lebens. Diese simple Geschichte stellt nicht nur gesellschaftliche Regeln infrage, sondern auch Sammys eigene Werte und Vorstellungen von Moral.
Updike beleuchtet hier das Innenleben eines jungen Mannes, der in einer banalen Situation eine tiefere moralische und existenzielle Entscheidung trifft. Er zeigt, wie kleine, alltägliche Handlungen große moralische Fragen aufwerfen können. Die emotionale Resonanz entsteht durch Sammys Erkenntnis seiner eigenen Naivität und die Einsicht in die Härte der Welt.
4. Steely Dan – „Hey Nineteen“
Ein anderes Beispiel von Steely Dan ist „Hey Nineteen“, der die Kluft zwischen einem älteren Mann und einer viel jüngeren Frau beschreibt. Der Protagonist bedauert, dass sie nichts von den kulturellen Ikonen seiner Jugend weiß („She doesn’t remember the Queen of Soul“), und erkennt die Kluft zwischen ihnen. Doch statt diese Distanz emotional zu reflektieren, wird die Situation mit einer Art melancholischem Zynismus und Resignation behandelt.
Während Updike in „A&P“ tief in die innere Welt von Sammy eintaucht, bleibt „Hey Nineteen“ distanzierter und ironischer. Der Protagonist nimmt seine eigene Entfremdung zur Kenntnis, ohne wirklich an ihr zu wachsen oder daraus eine tiefere Lektion zu ziehen. Die emotionale Resonanz wird hier nicht in Gefühlen, sondern in der intellektuellen Erkenntnis des Scheiterns und der Distanz zum Leben transportiert.
5. John Updike – „Tränen meines Vaters“
In dieser Kurzgeschichte erzählt Updike von einem Sohn, der sich an die schwierige Beziehung zu seinem Vater erinnert, die von emotionaler Distanz geprägt ist. Durch den Rückblick offenbart Updike die komplexen, oft unausgesprochenen Emotionen, die Familienmitglieder füreinander hegen. Der Vater wird einerseits als streng und distanziert, aber auch als verletzlich und letztlich bedauernswert dargestellt. Die Geschichte geht tief in die menschliche Erfahrung von Entfremdung und gleichzeitig Sehnsucht nach Verbindung ein.
Diese emotionale Tiefe und die ungeschönte Darstellung von menschlichen Beziehungen und Schwächen stehen im Kontrast zur kühleren, ironischen Distanz, die man in Steely Dans Texten findet. Updike geht unter die Oberfläche und lotet die emotionale Komplexität von menschlichen Bindungen aus.
6. Steely Dan – „Kid Charlemagne“
In diesem Song erzählt Steely Dan die Geschichte eines drogendealenden Antihelden, der in den 70ern große Erfolge feiert, aber schließlich von der Polizei geschnappt wird. Die Geschichte wird mit einem ironischen, fast bewundernden Ton erzählt, ohne tief in die moralische oder emotionale Tragweite seiner Handlungen einzutauchen. Der Charakter wird nicht verurteilt, sondern wie ein tragischer Held gefeiert, der es „fast geschafft“ hat.
Auch hier bleibt Steely Dan distanziert und ironisch. Es gibt keine tiefe emotionale Reflexion oder Reue seitens des Protagonisten, sondern eine intellektuelle Anerkennung seines Scheiterns. Das Werk bietet keinen moralischen oder emotionalen Tiefgang im klassischen Sinne, sondern verlässt sich auf Subversion und Ironie, um eine intellektuelle Reaktion zu provozieren.
Fazit:
John Updike führt den Leser oft tief in die emotionalen und existenziellen Fragen seiner Charaktere, sei es in der „Rabbit“-Tetralogie oder in Kurzgeschichten wie „A&P“. Updike untersucht das Innenleben seiner Figuren, ihre Ängste, Sehnsüchte und ihr moralisches Ringen, und zeigt, wie diese Kämpfe den Kern menschlicher Existenz berühren.
Steely Dan hingegen setzen auf Ironie, Zynismus und Distanz. Ihre Figuren werden oft als tragische oder moralisch zweifelhafte Antihelden dargestellt, doch ohne tiefergehende emotionale Analyse. Stattdessen bleiben sie in einer spielerischen, intellektuellen Auseinandersetzung mit den Absurditäten und Widersprüchen des Lebens verhaftet, ohne moralische Antworten oder emotionale Erlösung zu bieten.
In beiden Fällen liegt der Reiz darin, dass die Werke die menschliche Erfahrung auf unterschiedliche Weisen beleuchten: Updike durch emotionale Tiefe und moralische Komplexität, Steely Dan durch ironische Distanz und subversiven Intellekt.“
Ich habe der KI jetzt mal ein Kompliment gemacht, dass sie sich wirklich gut auskennt mit Steely Dan.
zuletzt geändert von mozza--
Im Durchschnitt ist man kummervoll und weiß nicht, was man machen soll