Antwort auf: Enja Records

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Dannie Richmond Quintet – Three or Four Shades of Dannie Richmond Quintet: „Live“ from Int. Jazzfestival Münster | Ein heisses Set vom Jazzfestival Münster am 12. Juli 1981 (rec. WDR/Ansgar Ballhorn), um die 70 Minuten Musik mit ein paar kurzen Ansagen von Richmond (die am Anfang der CD legt nahe, dass entweder was fehlt oder die Reihenfolge umgestellt wurde – vermutlich fehlt wirklich was, weil Richmond bei Garrett auch noch die Flöte erwähnt, die aber gar nicht zu hören ist, glaub ich … oder allenfalls mal im Ensemble versteckt) und 44 Sekunden „Audience’s Excitement“ (mit einer Bandansage von Richmond) als letzten Track. Nur vier Stücke gibt es zu hören, das längste nimmt allerdings fast die Hälfte der Dauer in Anspruch. Los geht es mit „Soft Seas“, das Richmond auf einem Kreuzfahrtschiff geschrieben hat. Kenny Garrett tritt in die Fussstapfen von George Adams, lässt ein Altsax fauchen und schnauben und spielt viel in der tiefen Lage, mit grossem, vibratoreichen Ton. Trompeter Jack Walrath und Pianist Bob Neloms sind Kollegen aus der späten Mingus-Band, Bassist Cameron Brown ein Kollege aus dem Pullen/Adams-Quartett. Daher kommt auch diese Musik, die aber schon weniger explosiv und wuchtig ist als Pullen/Adams. In „Theme for Lester Young: Goodbye Pork Pie Hat“ präsentiert Walrath das Thema, Neloms begleitet ziemlich toll. Garrett kriegt das zweite Solo, dann ist Brown an der Reihe – eine schöne, konzise Version des Klassikers, sieben Minuten, in denen vor allem der Trompeter glänzen kann. Nach einer weiteren Ansage ist „Big Alice & John Henry“ von Don Pullen zu hören: der Blues. Richmond schafft es, im Drum-Intro schon das Lick erklingen zu lassen, auf dem das Stück basiert. Dann folgt ein recht starkes Solo von Garrett, eine Passage von Walrath, der nicht dran interessiert ist, eine Geschichte zu erzählen, zeitweise mit sehr lebendigem Neloms, der dann im eigenen Solo aber irgendwie richtungslos klingt. Das Quintett findet dann aber einen brennenden Abschluss mit einer kollektiven Passage über dem ewig rockenden Lick. Den Abschluss macht dann die 33 Minuten lange „Suite: Cumbia & Jazz Fusion“ von Mingus – ein von vielen unterschätztes Werk – für meine Ohren Mingus‘ letztes tolles Album (rec. März 1977 u.a. mit Walrath, Neloms und natürlich Richmond). Die Suite geht durch mehrere Teile, mal mit Latin-Rhythmen, dann wieder im 4/4-Swing oder auch mal in einem altmodischen 2-Beat. Es gibt natürlich auch Raum für ausgedehnte Soli, von denen ich dieses Mal das erste von Walrath besonders toll finde. Nach einem Garrett-Solo gibt es eine schone unbegleitete Klavier-Passage, in der Neloms nochmal ein paar weitere Facetten seines durchaus breiten Könnens zeigen kann. Dann, nach dem Old-Timey-Segment, auch nochmal ein tolles längeres Richmond-Solo, bevor Brown auch nochmal an der Reihe ist (sein Bass-Sound ist leider echt nicht schön, das alte Problem). Alles in allem ein recht gutes Live-Set, ziemlich heiss, aber auch nicht unelegant, was vor allem Walraths Verdienst ist. Manchmal klingt das aber auch etwas nach einer lockeren Blowing Session.

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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #156 – Benny Golson (1929–2024) – 29.10.2024 – 22:00 / #157 – 12.11.2024 – 22:00 / #158 – 19.12.2024 – 20:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba