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Zunächst die Statistiken zur Liste von @jesseblue: „Digital ist besser“ ist mit sechs Tracks das beliebteste Album, Premieren daraus gibt es für „Jungs, hier kommt der Masterplan“ (das Sommer später ebenfalls nominierte) und „Wie wir beide nebeneinander auf dem Teppichboden sitzen“ (das danach auch Yaiza listete). „Drüben auf dem Hügel“ nimmt nach der Liste von Magicmattes zum zweiten Mal den Spitzenplatz ein – damit gibt es einen weiteren mehrfach nominierten Favoriten neben „Hi Freaks“ (mehr wurden es auch nach den sieben Listen im Anschluss nicht). Nur drei Tracks aus der Liste stammen nicht aus dem 1990er Jahren – und allesamt sind lediglich im letzten Drittel platziert.
Eine weitere Erstnennung freut mich ungemein: „Ja“ auf Platz 17, das bei mir denkbar knapp gescheitert ist. Der Track war ursprünglich eine B-Seite der „Let There Be Rock“-EP und wurde zusätzlich kurioserweise als Bonustrack der englischsprachigen CD-Version von K.O.O.K. veröffentlicht (als einziger Track mit deutschem Text) sowie später dem Vinyl-Reissue des Albums beigefügt. Er ist ein schönes Beispiel für das Thomas-Bernhardsche in den Texten des frühen Dirk von Lowtzow („Ja“ ist schließlich auch der Titel einer Bernhard-Erzählung). Der Hauptsatz zu Beginn lautet: „Es stimmt uns unendlich traurig“, was natürlich zur depressiven Bernhard-Erzählung passt, die sich um den Suizid einer Perserin dreht. Am Ende erinnert sich der Erzähler dort daran, dass er die Frau „ganz unvermittelt und tatsächlich in meiner rücksichtslosen Weise gefragt hatte, ob sie selbst sich eines Tages umbringen werde. Darauf hatte sie nur gelacht und Ja gesagt.“ Im Grunde bestehen die mit Signalwörtern wie „Stumpfsinn“ gespickten Songlyrics von „Ja“ aus einem einzigen langen Satz und laufen auf eine scharfe Abrechnung mit nostalgischen Anwandlungen hinaus, da diese letztlich nur bestätigen, dass „alle gut ist, wie es ist“ und somit das Triviale über das (einst) Bedeutungsvolle triumphiert.
Ein weiterer Track für Trüffelsuchende in der Tocotronic-Diskografie ist „22 No“ auf Platz 20 bei Jesseblue (ebenfalls im Anschluss noch von Yaiza genannt). Hierbei handelt es sich um eine weitere B-Seite der grünen „Hi Freaks“-EP (davon später noch mehr). Der Track stellt die zweite Nominierung einer Coverversion in dieser Umfrage dar. Das Original stammt von der US-Indieband Fuck, mit der Tocotronic 1998 nicht nur eine Split-Single veröffentlichten, sondern auch in den USA gemeinsam auf Tour gingen. Lustigerweise hatten vorher bereits Fuck einen Track von Tocotronic auf ihrem Album „Conduct“ gecovert. Und zwar „Alles was ich will, ist nichts mit euch zu tun haben“ mit phonetischer Kreativität unter dem musikhistorisch-ironischen englischen Titel „Alice, All I Want Is Alice“. Eindrücke in den folgenden Videos:
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