Antwort auf: Umfrage: Die 20 besten Tracks von Tocotronic

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jackofh

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Liste Nr. 2 stammt von @fevers-and-mirrors. Anders als Lysols Liste drückt sie vor allem eine Wertschätzung des Frühwerks bis zum Beginn der „Berliner Trilogie“ aus. Ein Track vom weißen Album und einer von „Pure Vernunft“ von 2005 sind die spätesten Nennungen, die restlichen Tracks stammen alle aus den 1990er Jahren (wobei „K.O.O.K.“ mit 5 Nennungen das beliebteste Album ist). Platz 1 belegt mit „Sie wollen uns erzählen“ ein Protestsong, der einige Besonderheiten aufweist. Zunächst ist er bis heute der einzige Song der Band, in dem eine Mundharmonika zu hören ist. Laut Band bezieht sich der Text vage auf einen Text von Gilles Deleuze („Postskriptum über die Kontrollgesellschaften“). Auch Jens Balzer hat dazu gewohnt interessante Gedanken:

Jens Balzer: In Sie wollen uns erzählen gibt es erstmals keine fest umrissene Gruppe herablassend betrachteter Individuen mehr, sondern nur noch ein unbestimmtes „die“, in dessen ebenso unbestimmter Ablehnung sich die Angst widerspiegelt, in Wirklichkeit längst schon dazuzugehören. Vielleicht könnte man sagen: Aus dem „Ich gegen die“ ist hier einerseits ein „Wer sind die?“ geworden sowie andererseits ein „Wer bin ich?“. (…) Man soll denen nicht glauben, die ihr maschinenartiges Funktionieren als eigenen Willen ausgeben. Man soll hinter die Selbstverkennungen schauen, in denen die Untertanen im Spätkapitalismus sich über ihr Untertanendasein hinwegtäuschen. Oder anders gesagt: Sie wollen uns erzählen will ein Song mit aufklärerischer Botschaft sein. Jeder indes, der mit musikalischen Mitteln aufzuklären versucht, riskiert damit zugleich, in die lächerlich gewordene Pose des politisch engagierten Liedermachers zu verfallen. Die Angst und die Tapferkeit, mit denen Tocotronic dieses Risiko eingehen, spiegeln sich im Mundharmonikagebrauch wider. Er ist Bekräftigung und zugleich ironische Brechung; Zeichen dafür, dass die Band einem für sie neuartigen Bedürfnis folgt, dessen ästhetischer Ausdruck sie aber befremdet. Zum ersten Mal, könnte man sagen, sind Tocotronic sich fremd in einem eigenen Song.

Ich meine auch irgendwo (im Reflektor-Podcast von Jan Müller?) gehört zu haben, dass es in dem Lied konkret um die Major-Plattenfirma Motor geht, die Tocotronic nach den Anfangserfolgen von L’Age d’Or nun „drafteten“. Auf jeden Fall schaffte die Band mit dem Song ihre erste Singles-Chartplatzierung (Platz 65). Und die Lyrics haben wie bei so vielen ihrer Texte Eingang in die Popkultur gefunden:

    Banner der Fans des 1. FC Nürnberg mit Tocotronic-Zitat

Auch schön: Das Video aus dem Wildpark Schwarze Berge in Hamburg-Harburg, in dem die Jungs Esel streicheln. Auch Tiere spielen nun also eine Rolle bei Tocotronic. Mit den drei Enten waren bei „Es ist egal, aber“ erstmals nicht die Bandmitglieder Coverstars. Das Entenfoto wurde von Jan beim Black Box Studio in Frankreich aufgenommen, wo das Album entstand (kurz darauf holte der Fuchs die armen Tiere). Ursprünglich sollte das Album sogar „Auf den Hund gekommen“ heißen, was zusammen mit den Entenfoto den skurrilen Humor der Band gezeigt hätte. Der Plan scheiterte am Veto von Carol v. Rautenkranz.

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