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irrlicht[…]
Ansonsten kann ich den Artikel „Weißsein und jüdische Identität“ sehr empfehlen. Hänel arbeitete hier schon 2021 sehr sachlich heraus, was passsiert, wenn man schematische Modelle wie Intersektionalität wie Schablonen benutzt. Und das passiert leider. Nach meiner Wahrnehmung sind die großen „linken Influencer“ mit Reichweite fast durch die Bank weg politisch ungebildete Nieten, deren Slogan-Aktivismus über das Runterattern von linken Talkingpoints nicht hinausgeht. Bei Reichweiten im teils sechs- bis siebenstelligen Bereich ist das ein Problem. Aus dem Artikel:
„Der Nahe Osten, die ganze Welt, scheint aufgeteilt zu sein: hier die unterdrückten People of Color, in diesem Fall Palästinenser und Palästinenserinnen, und dort die weiße Übermacht, in diesem Fall Juden und Jüdinnen.[…]„Die Idee des Weißseins ist zentral, denn es fügt sich ein in das globale Narrativ über Imperialismus, Unterdrückung, Unterdrücker. Für uns Juden ist das sehr schädlich. Es ist ein Desaster.“[…]seit Konzepte wie „systemischer Rassismus“ auf dem Vormarsch sind und die Vorstellung, westliche Gesellschaften seien zutiefst geprägt von „white supremacy“, mehr und mehr Zustimmung finden, stellt sich nicht mehr nur die Frage: Sind Juden und Jüdinnen weiß? Sondern: Welche Konsequenzen bringt es mit sich, als weiß zu gelten?“
Also, ich fand den Artikel jetzt nicht zu kompliziert. Es geht doch darum, wie Linkidentitäre es fertig bringen, den Holocaust zu als „white-on-white crime“ zu verharmlosen. Die Juden gehören zur herrschenden Schicht, weil sie „weiß“ sein sollen, etwas das angeblich nicht von der Hautfarbe abhängt, aber es unter dem Strich überraschenderweise doch tut (dass der größte Teil der Israelis keine „weiße“ Hautfarbe hat, bekommen antisemitische Dumpfbratzen ja nicht mit). Zusammen mit antifaktischen Kolonialisierungsthesen, ergibt das dann ein Verbrechen von „Weißen“ (Pogrome, Massenmorde, Shoa fallen unter den Tisch) an „Schwarzen“ – absolut grotesk und einer der seltenen Augenblicke, in der ich empört werde, dass meine Steuergelder solche Uni-Projekte unterstützen bzw unterstützt haben. Und dann verwundert auch nicht die Forderung nach der „Abschaffung“ Israels, alle Juden kehren „nach Hause“ zurück und das Land gehört wieder den Palästinensern aus den Flüchtlingslagern (was es nie tat, zumal der Großteil nie in Israel war). Klein Fritzchens antisemitische Endlösung – richtig, @irrlicht die Vertreter dieser Meinungen haben Wissen für Großmäuligkeit eingetauscht.
Denn das ist die Quintessenz linksidentitären Denkens: humanistische Grundsätze gelten für die eigenen Identitäten, Frauen, Schwarze, LGBTQ+ (wobei, siehe Begriffe wie „flinta“, die Gays inzwischen zu den „weißen Männern“ gezählt werden), sie gelten nicht für andere. Man fordert Gleichberechtigung auf Basis der Menschenrechte ein, ist aber nicht bereit, diese dem Gegner einzuräumen.
Der jüdische Brite David Baddiel hat das weinerliche Jews Don’t Count geschrieben, in dem er herumheult, dass Juden doch zu den „schützenswerten“ Identitäten gezählt werden sollen. Das Hohngelächter auf diesen Vorschlag kann er sich jetzt bei den Pro-Hamas-Demos abholen.
Man ist da ein bisschen in der Situation der 30er (fiel mir heute ein, als ich mit meinem Bruder über die Internationalen Brigaden in Spanien sprach): als Sozialist mit den Kommunisten zusammenarbeiten? Man steht ja auf einer Seite, oder? Keiner, der das später nicht bereut hat.
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If you talk bad about country music, it's like saying bad things about my momma. Them's fightin' words.