Antwort auf: Ich höre gerade … Jazz!

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friedrich

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vorgarten
defunkt, defunkt (1980)
die band ist eine bildungslücke meinerseits, obwohl da so viel zusammenläuft, was ich kenne und super finde. punk, loftjazz, funk natürlich, aacm, ny-downtown, und mit kelvyn bell schon ein m-base-mitgründer, dessen spiel hier auch gleichzeitig funktional und innovativ ist. absurder bläsersatz aus joseph bowie, dem bruder byron und ted daniel (!), bass/schlagzeug hier noch melvin gibbs und ronnie burrage.

Da hast Du ja was ausgegraben!

Ich erinnere mich, dass Defunkt Anfang der 80er Lieblinge der SOUNDS waren, insbesondere von Diedrich Diederichsen. Wenn man „Diederichsen“ + „Defunkt“ googelt, kommen auch ein paar Treffer – aber leider keine vollständige Platten-Rezension. Defunkt trafen bei einigen Kritikern wohl einen Nerv. Die Zutaten dieser Musik hast Du oben ja erwähnt. Das war hip und gefiel dem Pop-Intellektuellen! Beim Platten kaufenden Publikum kamen Defunkt aber nicht so gut an, glaube ich, und lösten sich nach zwei Alben wieder auf. Einige Jahre später reformierte Joseph Bowie die Band aber. Ich kann mich vage erinnern, Defunkt Ende der 80er mal im Berliner Quasimodo gesehen zu haben.

Das zweite Album Thermonuclear Sweat (was für ein Titel!) habe ich noch ganz tief im Plattenregal stehen und eben mal gehört. Hört sich an wie die JB’s mit ADHS und labiler Stimmung. „Your happiness is just an illusion“ wechselt sich mit „Believing in love is just a fantasy“, zwei klassischen Jazz Covers (Blue Bossa von Joe Henderson und Au Privave von Charlie Parker) und einem O’Jays-Cover (For The Love Of Money) ab. Joseph Bowies Sicht der Dinge scheint damals nicht die optimistischste gewesen zu sein. Dazu zerlegt die rhythm section den Funk in kleinste stechende Partikel. Toll, aber nichts für schwache Nerven und zarte Gemüter.


Defunkt – Thermonuclear Sweat (1982)

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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)