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Bei mir vor und nach dem Kino wieder Charles Tyler – zuerst eine Reise nach Paris im Juni 1986, als er im Studio hinter Steve Lacy zweite Geige spielte: heisst er durfte auf Anweisung des Leaders nur das Barisax nutzen – es scheint eine Art Ego-Clash gegeben zu haben, aber dass Tylers „Ode to Lady Day“, aufgenommen an einem Tag, als Lacy nicht im Studio war, weil sein Instrument repariert werden musste, ziemlich toll war, hat Lacy zum Glück doch bemerkt, und so kriegt Tyler noch sein Trio-Feature am Altsax. Als Rhythmusgruppe wirken Steve Lacys damalige Sidemen Jean-Jacques Avenel und Oliver Johnson mit, mit denen Lacy in derselben Woche im Sunset spielte (von 11 bis 3 oder 4 Uhr morgens), aufgenommen wurde in den IRCAM-Studios und Mauricio Kagel guckte mal im Kontrollraum vorbei. Das Album ist ziemlich gut, finde ich, auch wenn es weder bei Lacy noch bei Tyler ganz vorn mitmischen kann.
Gute zwei Jahre früher, am 12. März 1984, wurde das Steve Tyler Ensemble im Sweet Basil in New York mitgeschnitten. Bleu Regard, das Label, das auch Reissues einiger früherer Tyler-Aufnahmen verantwortete, brachte 2006 zwei CDs heraus (waren das die ersten Veröffentlichungen? Bei Discogs finde ich nichts Früheres), die erste ziemlich gut gefüllt (über 76 Minuten), die zweite mit dem Untertitel „joue Monk“ nur gut halb so lang. Mit dabei neben dem Leader am Alt- und Barisax sowie Gesang sind Roy Campbell (t), Richard Dunbar (frh), Curtis Clark (p), Wilber Morris (b) und John Betsch (d). Das ist eine exzellente Band und es ist toll, sie in langen Performances (9-22 Minuten dauern die insgesamt acht Stücke) hören zu können. Im Booklet von Vol. 1 gibt es auf über 20 Seiten eine bebilderte Biographie in französischer Sprache … muss ich mal in Ruhe lesen die Tage.
Der erste Absatz daraus: „Am Anfang ein doppeltes Territorium: ‚Meine Urgrossmutter war eine reinblütige Shawnee. Sie war mit einem Afrikaner verheiratet, sicherlich einem Äthiopier, gerade von der Sklaverei befreit. Meine Mutter ist die Frucht dieses Bundes. Ich bin, ich fühle mich black-indian!‘ Auf dieser gekreuzten Identität basierend hören die Musiken von Charles Tyler nicht auf zu reisen, im und jenseits dieses sich stetig bewegenden doppelten Territorium.“ (Wer den Text geschrieben hat, ist nicht klar, er ist mit „La Nef des Musiques“ gezeichnet („das Musikschiff“ – Musik im Plural geht ja im Deutschen eigentlich nicht, meine Übersetzung ist sicherlich mangelhaft), und dieselbe Bezeichnung taucht zusammen mit Bleu Regard, dem Labelnamen, bei den Credits unter „Production“ auf. Das Label wurde 1992 gegründet und die zwei Tyler-Alben aus dem Sweet Basil sind schon Nachgedanken. Der Katalog ist ziemlich überschaubar:
http://www.jazzlists.com/SJ_Label_Bleu_Regard.htm
https://www.discogs.com/label/160101-Bleu-Regard
Guy Kopelowicz hatte hier die Vorlage nicht genutzt, mehr über „La Nef des Musiques“ zu sagen – vielleicht weiss er auch nicht mehr? Sonst find ich drüben bei Organissimo auch nichts Wesentliches.
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