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redbeansandrice
Kid Dynamite – Kulembanban En Andere Poku’s
Lodewijk „Kid Dynamite“ Parisius war einer der Pioniere des niederlaendischen Jazz, kam Anfang der 30er Jahre aus der Kolonie Surinam in die Niederlande und erkannte schnell, dass die geplante Karriere als Baecker nicht zu den Erwartungen passte, die man in den Niederlanden der 30er Jahre an Menschen wie ihn hatte… so arbeitete er zunaechst als Feuerschlucker im Zirkus und lernte nebenher Klarinette spielen, wechselte dann Mitte der 30er unter dem Eindruck von Coleman Hawkins, der ja zu der Zeit in Europa war, und mit dem er auch auftrat, zum Tenor… Passt somit zum einen zu den afro-karibischen Sachen, die gypsy gerade aus dem UK hoert, und zum anderen als Vorstufe zu Hip Holland Hip… Gestern abend hab ich eine fantastische Dokumentation ueber Dynamite gesehen (link), leider nur auf niederlaendisch (genau wie dieser tolle Artikel), aber wirklich gut gemacht… Es beginnt in seinem Heimatdorf mit einer Winti (quasi Voodoo) Zeremonie, um sicherzustellen, dass sein Geist einer Dokumentation zustimmt (tut er, bzw, die Priesterin erklaert, dass keine Antwort in diesem Zusammenhang als Zustimmung zu werten ist), es gibt die voellig absurde Geschichte, wie Dynamite und seine Band noch bis Ende 1943 auftreten duerfen, zum Frust der niederlaendischen Polizei, weil die deutsche Besatzungsmacht den Gitarristen der Band fuer unersetzlich haelt, wenn es darum geht, zu ermitteln, bei welchen Prostitutierten die Soldaten sicher vor Geschlechtskrankheiten sind… (und klar duerfen sie „Negermusik“ spielen – im Rahmen der rassistischen Ideologie waere es ja absurd, ihnen das zu verbieten)… spaeter gibt es dann zum Beispiel Interviews mit Hans Dulfer, der am Saxophon vormacht, wie sich das ernste Jazztenorsaxophon der 50er a la Stan Getz von dem unterschied, was man bei Kid Dynamite im Vergnuegungsviertel hoeren konnte… zum Inhalt dieser CD finde ich leider fast gar nichts, werd sie wohl irgendwo finden muessen, um an das Booklet zu kommen (in der Hoffnung, dass es gut ist), es beginnt mit zwei Swingtracks aus den 30ern, dann kommen etwa 10 Tracks, die gefuehlt 50er Exotica-Jazz sind, die letzten Tracks auf der CD sind dann nicht mehr von Dynamite selber, sondern ueberwiegend seine Kompositionen gespielt von anderen, vermutlich von dieser CD… ein Blick aufs Cover verraet, dass diese Compilation sich nicht primaer an Jazzsammler richtet, sondern an Niederlaender, die sowohl Niederlaendisch als auch Sranan Tongo sprechen, und sich mit ihrer Geschichte auseinandersetzen wollen…
redbeansandricekleiner Nachtrag, hier kann man sich die 22minuetige Radiosendung von 1956 anhoeren, die das Herzstueck der CD ist… Kid Dynamite und seine Bonanza Boys, benannt nach dem Bonanza Club, in dem sie regelmaessig auftraten, Van Speykstraat 152 in Rotterdam, 100m von den Plattenlaeden, die man heutzutage besucht, wenn man in jener Stadt ist (Vinylspot & Demonfuzz)
ich hol mal eben diese zwei posts von mir zurück in die Gegenwart…
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