Antwort auf: Ich höre gerade … Jazz!

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friedrich

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Album 4 von 4, das sich im 2nd-hand-shop im Tausch erhalten habe:

Tadd Dameron – Fontainebleau (1957)

Das Titelstück ist inspiriert von einem Besuch Tadd Damerons im Schloss Fontainebleau bei Paris. Eine nur knapp 5-minütige Komposition in drei Teilen, die gleitend ineinander übergehen und sich jeweils auf den dortigen Wald, den See und das Schloss selbst beziehen. Dameron lässt die 8-köpfige Besetzung mit u.a. Kenny Dorham (t), Sahib Shihab (as), Joe Alexander(ts), Cecil Payne (bs) und Henry Coker (tb) + p, b und dr da sehr schön zu Geltung kommen. Das klingt fast wie ein ganzes Orchester und das ist klar die Stärke von Dameron und diesem Album.

Die anderen 4 Stücke haben aber nichts mit Fontainebleau zu tun. Gemein ist ihnen, dass die Band ein Arrangement spielt und dann mehr oder weniger eng daran angelegt Soli der einzelnen Muikser folgen oder darüber gelegt werden. Bei Delirium überstürzen sich die Ereignisse und alles scheint drunter und drüber zu gehen und aneinander vorbeizulaufen – und so ist das wohl auch bei einem Delirium. Das klingt mingus-esque! Weniger interessant finde ich es, wenn bei The Scene Is Clean auf einen tollen arrangierten Teil ein längerer Mittelteil nur für Piano, Bass und drums folgt um das Stück am Ende wieder mit ein paar Takten Arrangement zu schließen. Da fehlt mir der Zusammenhang und die Spannung. Leider ist das auch bei den übrigen beiden Stücken nicht viel anders. Schönes Arrangements, dann ein paar Soli, die ich nicht so recht in Zusammenhang bringen kann, am Ende wieder ein paar Takte Arrangements und Schluss.

Ich habe festgestellt, dass ich dieses Album teilweise schon auf diesem Two-fer mit dem 1957er Album Gil Evans & Ten habe. Da hört man deutlich einen Unterschied: Gil Evans schreibt für seine Solisten und setzt deren Stimmen gezielt im Arrangement und für akzentuierende Soli ein. Bestes Beispiel auf …. & Ten ist Steve Lacy. Tadd Dameron hingegen schreibt Arrangements für Orchester und dann kommen auch noch die Solisten zu Wort.

Kein schlechtes Album, aber leider ergibt es weniger als die Summe seiner Teile.

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“There are legends of people born with the gift of making music so true it can pierce the veil between life and death. Conjuring spirits from the past and the future. This gift can bring healing—but it can also attract demons.”                                                                                                                                          (From the movie Sinners by Ryan Coogler)