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redbeansandrice
New faces, new sounds ist das Green Album auf Blue Note, ganz frühe Blue Note…Ich hab jetzt meinen Ella-Songbooks Moment: genau in der Mitte, 14 Jahre nach der Gründung und 14 Jahre vor dem Rückzug von Francis Wolff (18, wenn man bis 1971, zum Abgang von Duke Pearson, rechnet … oder 12, wenn man den Verkauf an Liberty nimmt … ich bin für 1971 als Cut-Off, ist halt trotzdem nicht so super früh )
Aber super Aufnahme ist es! Leider hatten ja schon zu CD-Reissue-Boomzeiten die meisten Pfeifenraucher (Gleitsichtbrillen waren noch nicht so ein Ding oder hatten noch Linien, die quer durch die Gläser verliefen) die Vorstellung, dass das alles ganz früh sei, weshalb die Reihe mit den 10-Inch-Twofers leider kaum gestartet wieder einschlief und ein paar feine Alben, die nicht (wie Miles Davis, Bud Powell, Thelonious Monk, Fats Navarro) ins 12″-Format rübergebracht wurden, ohne breite CD-Reissues blieben. Darunter die Scheiben von Urbie Green oder Lou Mecca (auch da grüsst Gil Mellé). Viel ist das ja nicht (Wade Legge war eine Vogue-Übernahme) – umso bedauerlicher aber!„Kurz vor der Erfindung des klassischen, modernen Blue Note Albums“ oder so hätte ich schreiben sollen – so war es natürlich in der Tat zu kurz gegriffen… moderner Jazz, aber noch kein Hard Bop, modernistisches Cover, irgendwo zwischen der Nierentischästethik von sowas
und den reifen Blue Note Covers aus der 1500er Serie wenig später
Hier kann man schön die Suchphase bei den 10in Covers nachvollziehen, etwas später bei den 12in Alben aus der 1500er Serie war dann Reid Miles als Designer fest etabliert und alles sah nach Blue Note aus (link). Photos von Francis Wolff sind schon in Verwendung, und Gil Mellé hat ja nicht nur das Cover designt sondern auch den Kontakt zwischen Blue Note und dem Optiker und Hobby-Toningenieur Rudy van Gelder hergestellt, der Anfang 1953 erstmals mit dem Label arbeitete, bei den Green Sessions von Dezember 1953 war man also noch im ersten Jahr einer legendären Kooperation… hier bei jazzwax steht, wie der Kontakt zu Stande kam (tatsächlich war Gus Stiras der erste Kunde). Auch interessant: Ich zumindest dachte immer, die Frühzeit von van Gelder hätte sich quasi aus dem Jugendzimmer heraus entwickelt, bis er dann in das neue Studio in Englewood Cliffs umzog… Tatsächlich lebte van Gelder Anfang der 50er in Manhattan, arbeitete als Optiker in Teaneck NJ und fuhr für die Aufnahmesessions bei seinen Eltern vorbei, weil er 1946 beim Bau des Hauses seinen Vater gebeten hatte, angrenzend an das Wohnzimmer noch einen Kontrollraum mit Doppelglasscheibe zu ergänzen… nur wenige Eltern hätten das wirklich gemacht… and the rest is history. Nun also:
Tolle Informationen! Tolle Covers!
Ich habe von den ganz frühen Blue Note-Sachen nur eine billige CD-Compi und eine uralte Doppel-LP-Compi, die ich beide erst wieder raussuchen muss. Und die wunderbare The Blue Note Swingtets-Compi, die ich hier immer mal wieder gerne erwähne, mit u.a. John Hardee, Ike Qebec und Jimmy Hamilton. Und natürlich den ganz frühen Monk. Ach, die ersten Aufnahmen für BN überhaupt, Albert Ammons und Meade Lux Lewis hatte ich hier vor kurzem auch erwähnt. Da sind viele tolle Sachen dabei und es gibt noch viel mehr zu entdecken.
Das sind (nicht nur) als Vinyl großartige begehrenswerte Schätze. Bloß wird bei mir – Bart, Gleitsichtbrille, schütteres Haar und seit kurzem auch noch Bluthochdruck – leider der Platz knapp.
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„Etwas ist da, was jenseits der Bedeutung der Worte, ihrer Form und selbst des Stils der Ausführung liegt: etwas, was direkt der Körper des Sängers ist, und mit ein- und derselben Bewegung aus der Tiefe der Stimmhöhlen, der Muskeln, der Schleimhäute, der Knorpel einem zu Ohren kommt, als wenn ein und dieselbe Haut das innere Fleisch des Ausführenden und die Musik, die er singt, überspannen würde.“ (Roland Barthes: Die Rauheit der Stimme)