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An der jüngsten (2022) CD von Konstantia Gourzi (die da und dort auch selbst mitspielt, sie hat die Werke alle neu für Mönkemeyer/Youn komponiert) höre ich mich gerade fest. Ging nach Ankunft gestern direkt in den Player. Gelesen habe ich erst oberflächlich, dass die Musik sich auf Klänge aus der Natur bezieht („Wind Whispers“ heisst das erste Stück, „Call of the Bees“ oder „Messages Between Trees“ weitere). Das ist sehr stille Musik die aber dank Mönkemeyers dunkel schattierter Bratsche nie ins Beschauliche kippt.
Auch die CD mit Musik von Adolf Busch erschien schon 2022 (bzw. laut Presto am 6. Januar 2023), aber sie läuft gerade zum ersten Mal. Die neun Stücke für Streichquartett Op. 45 (1931, rev. 1936) fügen sich als eine zusammengehörende Reihe von Charakterstücken zusammen und sollen wohl nicht einzeln gespielt werden. Als er das Opus komponierte und überarbeitete, lebte Busch bei Basel, direkt an der Grenze zu seiner Heimat – 1934 Ehrenmitglied des Männerchors von Riehen, 1935 wurde er Bürger von Basel. der grosse Bruch folgte erst 1939, als er dem Schwiegersohn Rudolf Serkin in die USA folgte (dieser war in Riehen ab 1932 im Nachbarhaus der Buschs daheim). 1940 dann der erste Herzinfarkt und überhaupt grosse Krise. Das Streichquartett Op. 57 in a-Moll schrieb Busch im Sommer 1942, als er und die Mitglieder seines Quartett sich im Haus einer Mäzenin aufhalten durften. In 1946 der Krebstod seiner Ehefrau. 1947 erneute Heirat (mit der Basler Ärztin Hedwig Fischer, einer Kindheitsfreundin seiner mit Serkin verheirateten Tochter Irene – ob sowas damals noch als „normal“ galt?). Ab da pendelt er zwischen den USA und Basel, 1948 und 1950 kommen die gemeinsamen Kinder zur Welt, im Januar 1950 der zweite Herzinfarkt, dann ein Bruch des Handgelenks. In der Zeit der Rekonvaleszenz schriebt er das Flötenquintett C-Dur Op. 68 (Violine, 2 Violas, Cello), das er im Frühjahr 1952 überarbeitet. Es gehört damit zu den letzten seiner 70 mit Opuszahl versehenen Werke, mit denen er sich vor seinem Tod im Juni beschäftige – gewidmet ist es Hedwig, seiner zweiten Frau, die allerdings erst auf sein Drängen hin lernte, Flöte zu spielen und wohl nie ein Niveau erreichte, das eine Aufführung erlaubt hätte.
Die Biographien der Busch-Geschwister kann man hier in Kurzfassung nachlesen:
https://www.max-reger-institut.de/en/bruederbuscharchiv/short-biographies
Musikalisch bewegt sich das wohl irgendwo zwischen Reger und der grossen Tradition zwischen Mozart und Brahms. Beethoven, Schubert, Schumann, Mendelssohn und Dvorák scheinen als Einflüsse alle in Buschs Musik aufzuspüren zu sein: „Die Freude am handwerklich gediegenen Gestalten und das Bedürfnis, zuweilen pointenreiche Bezüge über weite Distanzen zu schaffen, sind stärker als der Vorsatz, in neue Ausdrucksbereiche vorzustossen oder musiksprachliche Neuerungen zu postulieren. […] Dass Busch stilistische Rückblicke nicht scheute, haben ihm schon zeitgenössische Kritiker vorgeworfen, aber letztlich entscheidend bleiben – ablesbar vor allem an den späten, groß dimensionierten Werken – die Art und Weise von Busch Synthesen, die souveräne Verfügung über das musikalische Material und schließlich die persönliche Ausdrucktiefe und der Humor in seiner Musik.“ (Dominik Sackmann, Liner Notes)
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