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kurganrs
gypsy-tail-wind
Zoh Amba – O, SunKannst Du bitte zwei Worte dazu schreiben? Thx.
Kann ich gerne – ich habe Amba in Berlin gerade zum ersten Mal gehört und war ziemlich beeindruckt, alles in allem. Von der Kraft ihres Spiels, ihrem Ton sogar enorm beeindruckt. Ich hatte zu @vorgarten noch gesagt, dass die enorme Dynamik, die sie da bot, sicherlich auch mit dem Mikrophon zu tun hatte – will sagen: das Set war enorm verstärkt (der Kontrabass z.B. arbeitete auch mit Verzerrungen/Rückkopplungseffekten) und Amba konnte auf dem Weg auch relativ feine Töne blasen, die sehr laut im Raum standen … ich hätte auch gerne ein unverstärktes Set zum Vergleich. Das erwähne ich, weil mir die Erinnerung an diese Gedanken beim Hören ihres ersten Albums (glaub ich?) sofort wieder in den Kopf kamen. Zu sagen, das hier wäre jetzt dieses unverstärkte Set wäre sicherlich nicht korrekt, aber die dynamische Bandbreite und die schiere Kraft vom Live-Set fehlt hier – es ist sehr anders, weniger auf Dauer-Power aus (was beim Live-Set einen zu einer gewissen Ermüdung führte – und zur Klavier-Phase zwischendurch wohl auch), ihr Spiel wirkt für mein Empfinden deshalb aber nicht unbedingt nuancierter oder vielschichtiger. Eher einfach anders. Die Aufnahme ist am 11. November 2021 entstanden – bei so einer jungen Musikerin stellt sich natürlich die Frage, ob ich hier zwei Stationen einer schnellen Entwicklung höre, oder Unterschiede ihrer Arbeitsweise live (in einer vermutlich ersten Begegnung mit zwei irren Brasilianern obendrein, nicht einfach mit ein paar NYC-Leuten, die sie schon irgendwie kennt und wohl besser einschätzen kann) und im Studio höre.
Das Album – ich hab’s erst ein einziges Mal gehört – braucht einen Moment, um in Schwung zu kommen, funktioniert aber schon sehr gut. Micah Thomas (der im Promo-Blurb auf dem OBI-Streifen als „her close friend“ beschrieben wird) glänzt am Klavier, Thomas Morgan am Bass hörte ich selten so lebendig, Joey Baron fand ich auch ganz gut (ich glaub weniger flashy als in mainstreamigeren Combos) – und spätestens wenn „Gastgeber“ (das Label ist Tzadik) John Zorn auf dem fünften Stück auftaucht und am Altsax nochmal eine völlig neue Stimme ins Gefüge bringt, ist das Eis gebrochen. Bis dahin dauern alle Stücke um die 6-7 Minuten, das sechste ist dann eine Spur kürzer und das letzte über 10 Minuten – diese ca. zweite Hälfte also, Zorns einer Gastauftritt und die zwei folgenden Stücke, fand ich sehr gut.
Läuft bald wieder mal … und wenn jemand die CDs „Bhakti“ und „Alien Skin“ (beide bei Mahakala und vergriffen) abzugeben hätte, wäre ich interessiert. Da ich mit Chris Corsano gar nichts anfangen kann, lasse ich das aktuelle Album wohl aus, obwohl mich Bill Orcutt mit seiner Ayler-Gitarre neben Amba irgendwie schon interessieren würde …
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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #164: Neuheiten aus dem Archiv, 10.6., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba