Antwort auf: Umfrage zu Euren 20 Lieblingstracks von "Deep Purple"

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zoji

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Beiträge: 7,283

1. Burn
2. Highway Star (Made In Japan)
3. Smoke On The Water (Made In Japan)
4. Child In Time (Made In Japan)
5. Smoke On The Water
6. Child In Time
7. Highway Star
8. Hush
9. Stormbringer
10. Black Night
11. Woman From Tokyo
12. You Keep On Moving
13. Might Just Take Your Life
14. Never Before
15. Speed King
16. Mary Long
17. Fireball
18. Anyone‘s Daughter
19. Wring That Neck
20. Comin´ Home

An Mannheim/Nürnberg ´85 scheint fast jeder gute Erinnerungen zu haben. Bei mir sah das so aus.

Am Freitag zwischen 6:00 und 7:00 Uhr aufgestanden um noch zur Schule zu gehen. Warum eigentlich? In ein paar Wochen war es sowieso vorbei, an dem Tag fanden keine Prüfungen statt, meine Zensuren waren tadellos – ein geschwänzter Tag wäre folgenlos geblieben. Kann ich mir heute nur noch so erklären: Ich wollte den verhassten Lacoste-Lurchen und elenden Yoghurette-Testimonials in meiner Klasse noch einmal fett ins Gesicht schmieren, dass ich nachher zu Deep Purple fahre, jawollja, DIE Deep Purple, und ich infolgedessen natürlich viel cooler bin als sie, auch wenn sie das vermutlich einen Dreck interessierte.

Nachmittags daheim dann der an der Aufregung scheiternde Versuch ein paar Stunden vorzuschlafen. Ich meine, Allmächtiger, ich würde Deep Purple sehen, eine der Heldenbands meiner Jugend, ein Ereignis von dem ich kaum zu träumen wagte, längst hatte ich mich in jenen trüben Tagen schicksalsergeben damit abgefunden, dass die Nachfolgebands nur noch beständig mittelmäßiger werdende Alben veröffentlichten, und jetzt sollte doch endlich noch einmal die alte Magie aufleben – wie soll man da ein Auge zu tun. Abends schließlich zum vereinbarten Treffpunkt. Vier langhaarige Bombenleger unter 20 in abgeschrabbelten Jeans, zwei davon amtlich beschnauzbartet – wenigstens dort wo wir wohnten waren wir eine seltene Spezies, wer so aussah wie wir war in der Regel 10 oder 15 Jahre älter – nebst einem Veteranen, der schon in Purples Heydays sicher nicht ihr jüngster Fan war und mittlerweile nur noch ein paar knapp schulterlange graue, spiddelige Resthaarsträhnen züchtete, die der Schere zu opfern sicherlich auch die endgültige Aufgabe der Jugend bedeutet hätte. Ein Kelch, den ich viel zu wenige Jahre später selbst leeren musste. Dem führerscheinlosen und ein wenig adeepösen Papa Schlumpf wurde großmütig, aber keineswegs uneigennützig der Beifahrersitz in der heruntergerockten Kleinwagen-Möhre zugeteilt, während ich als einziger Minderjähriger der Gruppe, und schon deshalb ebenfalls ohne Fahrerlaubnis, es mir dauerhaft auf der Rückbank in wechselnden Dreier-Konstellationen muckelig machen durfte (heute gebührte mir die Rolle des Beifahrersitzinhabers). Und los ging´s, ab durch die Nacht, gen Süden, Mannheim ruft. Die Fahrt verlief zunächst unspektakulär, auch wenn ich nach wie vor zu sehr unter Adrenalin stand, um ein wenig zu schlafen. Und nach der zweiten oder dritten Rauchpause, von denen wir uns viele gönnten – ich frage mich heute, wieso wir so viel Sinn und Verstand hatten, die Karre nicht einfach vollzuqualmen. Vermutlich befand sich ein Asthmatiker oder wenigstens Nichtraucher unter uns – begann dann allerdings der Motor zu zicken und wenn er einmal aus war mussten wir raus und die Kiste anschieben, um sie zum laufen zu bringen. Von da an hielt mich dann noch die Sorge wach, ob wir es überhaupt bis Mannheim schaffen.

Schafften wir aber, und trafen meiner Erinnerung nach um 7:00 oder 8:00 Uhr auf dem noch sehr mäßig gefüllten Veranstaltungsgelände ein. Guten Platz gesichert, 15 oder 20 Meter mittig vor der Bühne – und dann erst einmal stundenlang auf brutal hartem Boden in der Sonne braten und gelangweilt der Dinge harren. Irgendwann gegen Mittag ging es dann los. Mit dem gnadenlosen Snobismus der Jugend waren wir erst einmal wild entschlossen, die gewiss verachtungswürdigen Rodgau Monotones (deutschsprachiger Gegenwarts-Rock, pfffft) scheiße zu finden. Was man uns zu Gute halten kann ist, dass wir nicht dogmatisch an unseren Vorurteilen festhielten. Ich erinnere mich, dass wir uns nach ein paar Minuten mit Blicken darauf verständigten dass die, hoppla, ziemlich Alarm machen und gut sind und erteilten uns gegenseitig wortlos die Absolution, bei denen mitzugehen.

Mountain kannte keiner von uns so recht, außer natürlich unser R&R-Greis, der einfach alles kannte, die wurden mit freundlichem Desinteresse durchgewunken. Roger Chapman spielte eigentlich keine große Rolle bei uns, die meisten kannten nur ein paar Hits, für die er von uns aber durchaus respektiert wurde und soweit ich mich erinnere war das eigentlich ein enorm kraftvoller, energiegeladener Auftritt, den ich unter anderen Umständen großartig gefunden hätte, der aber ein bisschen darunter litt, dass man ja doch nur wegen der einen Band dort war. Bei Meatloaf dann waren die Meinungen unter uns geteilt. Die einen fanden den Typen grässlich und die Musik scheußlich, die anderen den Typen scheußlich und die Musik grässlich – obwohl ich mir bei Andreas nicht sicher bin, ob er ehrlich war. Vermutlich sahen das jedenfalls noch andere so, ich erinnere mich nämlich vor allem daran, dass Meatloaf irgendwann exzessiv vom Mittelfinger Gebrauch machte. Oder ist das standardisierter Teil seiner Show?

Unmittelbar nach dem der Blödelbarde endlich die Bühne räumte ging ein Ruck durch die Menge, wie ich es weder davor noch danach je wieder erlebt habe, auch nicht im Fußballstadion, als würde ein einzelner gigantischer Muskel angespannt werden. Jetzt musste es bald soweit sein, die Rockgötter steigen vom Olymp und erleuchten uns verlorene Seelen und so. Leider wurde das auch physisch sehr spürbar. Hätte man sich schon nach Mountain nicht mehr wohl damit gefühlt, sich in den Pausen hinzusetzen, strebten jetzt auch die letzten Reihen so dicht wie noch möglich zur Bühne und binnen Minuten war man so gequetscht und gekeilt, dass man kaum noch den Arm heben konnte. Die Masse wogte dann noch hin und her, so dass wir uns, ohne Einfluss darauf zu haben, plötzlich 10m weiter links, dann wieder 20m weiter rechts befanden, erst ein paar Meter auf die Bühne zu-, dann wieder wegbewegten. Keine Ahnung, wie üblich das bei Konzerten dieser Größenordnung ist, aber ich hatte sofort die Katastrophe im Brüsseler Heysel-Stadion ein paar Wochen zuvor im Kopf, aber auch ohne dies wäre das eine der beängstigsten Erfahrungen meines Lebens gewesen. Einem aus meiner Gruppe ging es ähnlich und wir kämpften uns dann da raus um uns einen gefühlten Kilometer von der Bühne entfernt, vermutlich eher 100 oder 150m, neben einem gigantischen hinteren Boxenturm in luftigerer Umgebung zu positionieren. Dennoch war die Musik hier vergleichsweise leise, und mit meinen 1,75 sah ich praktisch nichts mehr. Waren Deep Purple gut an dem Tag? Vermutlich, die drei hartgesotteneren von uns, die einfach in der Crowd blieben, trafen wir jedenfalls im Anschluss an das Konzert mit vor Begeisterung leuchtenden Äuglein am Wagen wieder. Ich selbst war viel zu sehr damit beschäftigt, mich darüber zu ärgern, den ganzen Mist auf mich genommen zu haben, nur um Deep Purple NICHT zu sehen. Dafür aber Meatloaf. Buäch.

Die Rückfahrt dann wie gehabt, rauchen, übermüdetes Kleinwagen-Schubsen und -Verfluchen, nur dass wir nicht mehr fünf Typen in gespannter Erwartung eines der großartigsten Erlebnisse ihres Lebens so far waren, sondern drei enthusiasmierte und zwei bemitleidete, frustrierte. Die Jungs machten freundlicherweise noch einen kleinen Umweg um mich Sonntagmorgen direkt vor meiner Haustür rauszuwerfen, und nach 48h+/- Wachzustand fiel ich dann unglücklich, ungeduscht und stinkend auf die Matratze und schlief 12h durch.

Das war dann auch gleichzeitig mein erstes und letztes Festival-Erlebnis. Für diese Monster-Massen-Events bin ich einfach nicht geschaffen. Und wie es mit solchen Dingen so ist: Es war scheiße und ich erinnere mich gerne daran.

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Und lieg´ich dereinst auf der Bahre, dann denkt an meine Guitahre, und gebt sie mir mit in mein Grab (Der rührselige Cowboy, D. Duck)