Antwort auf: Ich höre gerade … Jazz!

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friedrich

Registriert seit: 28.06.2008

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@asdfjkloe @redbeansandrice

die Band hab ich seinerzeit live gesehen (also, das Trio mit Gibbs und King), wirklich eine fantastische Liveband… (hier laeuft seit heute morgen das neue Virelles Album)

Der James hat mich seinerzeit, das muss etwa 2000 gewesen sein, auch sehr beeindruckt, er im schicken Nadelstreifenanzug und recht unzugänglich wirkend, fast ein wenig hochnäsig.
Doch wenn er spielte und losliess, fast in Bereiche des freien Jazz ausbrechend, dann wandelte er sich plötzlich.
Das war damals die Tour zur Platte „Chasin‘ The Gypsy“, das war ja seine Hommage an Django Reinhardt. Den Part des Gitarristen nahm Bruce Edwards ein, am Bass spielte Ralphe Armstrong, einst auch bei Jean-Luc Ponty, dann war Multiinstrumentalist Tony Cedras dabei, Gitarre, Akkordeon etc, und eine Violinistin, deren Namen ich vergessen habe. (nicht die Cousine Regina Carter)… Eine mitreissende Mischung von Gypsy Jazz, freien Ausflügen und ein wenig Fusion, und über allem thronte Carter mit seinem wilden und zerrendem Spiel, dabei konnte er auch ganz zart spielen, hin und wieder ein Hauch von Ben Webster, fantastisch…

Schön!

Ich hatte JC vor Jahren (in den 90ern) auch mal live gesehen, aber nur noch eine vage Erinnerung daran. Aber ich erinnere mich noch, dass er da auch ein etwas eitler Gockel war. Na ja, sieht ja auch umwerfend gut aus, kann auf dem Saxofon (und anderen Blasinstrumenten!) wirklich alles – und er weiß das und zeigt es auch! Ich finde seine Virtuosität hat Vor- und Nachteile. Einerseits kann er tatsächlich alles abrufen, andererseits kann er dadurch aber auch stilistisch etwas beliebig werden und aus seinem Spiel einen Leistungssport machen, wenn er z.B. einen Ton mit Zirkularatmung gefühlt eeewig lange hält.

Aber er ist auch ein Romantiker, der keine Scheu hat, Gefühle zu zeigen, bis hin zur Sentimentaliät einerseits oder zur Schroffheit andererseits. Ich denke da ist tatsächlich Ben Webster mit drin – und auch eins seiner anderen erklärten Vorbilder: Don Byas. Der war sentimental!

Über James Carter bin ich ja überhaupt erst zu Don Byas gekommen. Wobei ich Ben Webster und Don Byas in ihrem persönlichen Stil und Klang sehr unterschiedlich höre. Und da ist es wieder, das Dilemma: Webster oder Byas, oder beide zugleich in Personalunion von James Carter? James Carter, der Formwandler? Beeindruckend ist James Carter auf jeden Fall, vielleicht gerade deswegen.

Das Chasin‘ The Gipsy-Album habe ich mir auch gerade besorgt und bin gespannt! Dieses Django Reinhardt-Tribut hatte er damals übrigens zeitgleich mit dem E-Jazz Fusion-Album (Layin‘ In The Cut) veröffentlicht.

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“There are legends of people born with the gift of making music so true it can pierce the veil between life and death. Conjuring spirits from the past and the future. This gift can bring healing—but it can also attract demons.”                                                                                                                                          (From the movie Sinners by Ryan Coogler)