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gypsy-tail-wind … Tár (Todd Field, US, 2022)
Ich habe den Film auch erst gerade im Urlaub angeschaut. Danke nochmal @gypsy-tail-wind für Deinen Hinweis auf Antonia Brico… das wäre dann etwas gewesen, das ich durch den Film dazugelernt hätte.
Am Anfang des Filmes fühlte ich mich tatsächlich unwohl. Einige Augenroll-Momente (Plattitüden), dann die -so kam es mir vor- sehr männliche Darstellung der „Lydia Tár“, diese blöden Namen („Andris Davis“, echt jetzt?) — das sind Äußerlichkeiten, auf denen ja letztlich nicht der Fokus lag… Irgendwann dachte ich mir, ok, das wird alles aus der Perspektive der Hauptfigur sein (Übertreibung als Stilmittel), dann war ich mir auch nicht sicher, wie die zeitliche Abfolge der Geschehnisse ist. … ich wartete auf einen „A Beautiful Mind“ -Moment, also wie in jenem Film geschehen eine Art Auflösung, ab der man dann manches im Film rückwirkend anders einordnet (den gab es für mich ja dann auch) usw. Es wird sich lohnen, den Film mehrfach zu schauen. Es prallen einfach immer wieder viele Infos, Details auf einen ein.
Da kommt irgendwie viel zusammen: Ausnutzen von Macht(position), (gefühlt ständige) Beobachtung durch Social Media, Arbeitsbeziehungen, Intrigen (von innen/außen heraus, auch mit dem Zweck, jd. auffliegen zu lassen) … und hier habe ich bestimmt noch einiges vergessen.
Der Klassikbetrieb (anfangs prasselt ja soviel davon ein) schmolz dann im Laufe des Films zum Rahmen zusammen. Er diente wohl dazu, der Hauptfigur so ein Strahlen, Unantastbarkeit zu geben…aber das kam mir anfangs so altmodisch vor. Ist das echt noch so? Es war auf jeden Fall interessanter als die Story in Politik & Wirtschaft spielen zu lassen.
Außerdem ließen sich aber schon ganz gut einige Sachen andocken. Die Diskussion um Trennung der Persönlichkeit/Infos zum Leben und Werk finde ich immer spannend, diesen Erwähnungen zur „Zeit“ würde ich beim zweiten Anschauen mehr folgen wollen; gelungen auch die Anspielungen zur nur digitalen Veröffentlichung usw. Und dann auch immer wieder die Widersprüche — in der Masterclass wird das so und so erklärt, im Normalbetrieb dann ganz anders gehandelt…
Naja, ich könnte noch länger drüber schreiben — also war es für mich ein guter Film :)
Zur Frage Drehorte Berlin: intuitiv hätte ich direkt auf die Yorckbrücken bei der von Dir angesprochenen Joggingszene getippt. ich meine auch in einer Rezi was gelesen zu haben. Aber da weiß ich auch nicht mehr, ob es Wissen oder Raterei war…. suche ich nochmal heraus. Ansonsten finde ich, dass Berlin in den betreffenden Szenen eine ganz gute Figur macht.
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