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gipettoSolche Listen nehme ich zur Kenntnis, freue mich über gewisse Nominierungen und wundere mich über andere bzw. nicht vorhandene. Ansonsten sind mir „offizielle“ Rankings aber herzlich egal, zumal mein Musikgeschmack ohnehin über jeden Zweifel erhaben ist.
Gewundert habe ich mich dennoch über die Listung von Back To Black in den Top 10. Ohne Frage ein hochklassiges Album, das ich bei Erscheinen abfeierte und auch heute nach wie vor noch immer liebend gerne auflege. Nur: Winehouse recycelte hier lediglich Glanz und Gloria des Souls der 60er und 70er Jahre. Innovativ ist da gar nichts, viel mehr ist die Scheibe ein reines Retortenwerk. Auch damit habe ich grundsätzlich kein Problem. Doch wenn derartige Alben aufgeführt werden, noch dazu in solch schwindelerregenden Höhen, die großen Originale dann aber teilweise überhaupt nicht mehr zu finden sind, dann beschert mir das doch ein wenig Bauchschmerzen und Rätselraten darüber, wie kompetent die verantwortliche Jury wirklich ist.
Nachtrag:
Kann es sein, dass hier auch gewürdigt wurde, dass Winehouse mit ihrem Album den alten Soul wieder ins Gedächtnis gerufen und dieses zwischenzeitlich vergessene Genre einer neuen Generation geöffnet hat?
Also erstmal ist Amy Winehouse eine ganz ungewöhnlich gute Sängerin gewesen, ich würde sogar sagen, sie war eine wahnsinnig gute Sängerin, die nie nach Gesangsausbildung klang, sondern sich Schlieren und Schleifen erlaubte, immer das Gefühl vermittelte, es warten große schwarze Löcher, sich vom Song überholen lassen konnte und ganz locker dabei blieb, dann wieder mit Leichtigkeit aufholte, sich quasi intuitiv um die Musik schlang. Leichtigkeit am Abgrund, das war die Distanz, die sie vermittelte. Große Kunst, wenn man mich fragt. Und dann haben zudem auf Back To Black viele Komponenten (Gesang, Songs, Produktion, Tradition, Ausstrahlung) sehr gut ineinander gegriffen. Am Ende basiert Rockmusik oder Soul oder Folk immer auf einer Tradition plus X, wobei das X oft einfach die persönliche Färbung des Individuums ist. Für mich steht das Album völlig zu Recht da oben.
edit: Auch wenn der Vorwurf des Soul-Recyclens der 60er/70er nicht ganz unrichtig ist, weil es eben als Einfluss und Blaupause leicht zu erkennen ist, kann ich verstehen, warum man mit Back To Black das aktuellere Angebot in die Liste wählt. Manchmal gibt eine zeitgemäße Produktion den Ausschlag, klingt frischer und heutiger, also passender zum Soundtrack des eigenen Lebens. Vor diesem Hintergrund ist ja auch z.B. Solange zu Recht in der Liste gelandet.
zuletzt geändert von wahr