Antwort auf: Der letzte Film, den ich gesehen habe (Vol. II)

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gypsy-tail-wind
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Muss noch ein paar Nachgedanken anhängen: der Lustmörder gibt den weiteren Kontext für einen sehr feinen Hitler-Joke, die eine der Schwestern, die den jüngeren Sohn ihrer Mutter – deren grosse Liebe natürlich der Mann mit dem unerträglichen Namen ist, weswegen sie davonrannte und ihm über einen gemeinsamen Bekannten sagen liess, sie habe reich in Mexiko geheiratet – von der Schue abholen soll, wofür die Mutter auch die beiden West-Side-Story-Tänzer geschickt hat, meint, es trieben sich ja diverse Gauner, Lustmöder und verkannte Kunstmaler in der Stadt herum.

Dann: etwas schade finde ich es nach dem unglaublichen „Parapluies“ halt schon, dass die „Demoiselles“ nicht erneut vollständig gesungen sind sondern es zwischen den (vielen!) Nummern immer wieder gesprochene Dialoge gibt, die manchmal gar nicht so kurz gehalten sind.

Dafür, das wissen wir ja alle – wie wir auch alle den Plot kennen – ist die Farbchoreographie hier nochmal um einiges umwerfender, was viel mit dem Budget zu tun hat: es gibt um die 20 weitere Tänzer*innen im Film, die auf dem zentralen Platz und in den Gassen Rocheforts zu sehen sind, stets in abgestimmten Kostümen, mit Hüten usw. Das ist schon unglaublich toll gemacht.

Und als letztes ein mir sehr einleuchtender Gedanke aus dem kurzen Regisseuren-Bonusgespräch der DVD (so eines gibt’s zu jedem Film in der Box, hier sind’s gleich zwei, Olivier Ducastel und Jacques Martineau): ein Punkt, der Demys Filme so besonders macht ist, dass sie dauernd auf der Kippe zwischen dem Erhabenen und dem Lächerlichen sind – bzw. eigentlich in einem Territorium irgendwo dazwischen, stets in der Schwebe und ganz für sich allein. Dass die beiden sich dann als „demi-irgendwas“ (klingt ja gleich wie „Demy“) ausgeben und Kalauern, zwei halbe gäben … passt zu den anderen Wortspielen im Film, etwa dem des jungen Soldaten, der sein „idéal féminin“, die Deneuve, gerade dann doch noch findet, als die Leinwand am Schluss schwarz wird, und der davor den Witz macht, dass er auf Urlaub („permission“) nach Nantes (die Stadt von Lola) gehe, „perm‘ à Nantes“ (aka „permanent“), was einige im Film sehr komisch finden (Kellys Figur etwa), Deneuves Figur aber als Sparflammenhumor bezeichnet.

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