Antwort auf: Ich höre gerade … Jazz!

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gypsy-tail-wind
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vorgarten
ich habe gestern die erste hälfte gehört, hat noch nicht funktioniert. my favorite things ohne tyner-solo… aber klar ist das toll, und wenn das wirklich nur mit einem mikro aufgenommen ist: good job. jetzt muss ich nur noch in der richtigen stimmung dafür sein

Ja, die richtige Stimmung muss sein … heute angekommen, und der perfekte Übergang von einem zähen Heimarbeitstag in den Feierabend. Rich Alderson hat einen Text fürs Booklet beigesteuert, in dem er die Geschichte der Aufnahme (ein Mikro an der Decke über der Bühne) erzählt, Ashley Kahn hat den Haupttext geschrieben, Reggie Workman erzählt über seinen Job bei Coltrane zwischen Steve Davis und Jimmy Garrison, Lakecia Benjamin und Branford Marsalis bringen die typische Zev-Feldman-Street-Cred (da fehlt irgendwo eine Negation zwischen den Bindestrichen ;-) – nichts gegen die zwei Texte, in dem Ausmass geht das ja alles).

Ich finde die Offenheit umwerfend, das „classic quartet“ ist hier deutlich weiter weg als als im Village Vanguard (oder davor bei den Atlantic Sessions), alles wirkt instabil, offen, manchmal wie eine – extrem geladene – Jam Session. Dolphy kriegt sehr viel Raum, Coltrane soliert als zweiter und nimmt sich oft erstaunlich zurück. Die beiden Bässe (Art Davis war gemäss Kahn nicht immer dabei, Dolphy fehlte dann gleich die letzte Woche des Gigs, weil er nach Europa ging) führen zu einer weiteren „Instabilität“. Das klingt für mich irgendwie alles wie auf einer schiefen Ebene, einerseits total geerdet, andererseits völlig offen, sehr frei (das ist ein Punkt, der im Booklet gemacht wird, von Kahn wie von Workman, glaub ich: freier als alles aus dem Studio (bis … „A Love Supreme“ wohl?) … und ja, mich dünkt auch freier als manches  aus dem Vanguard im November.

Und Elvin Jones ist in fabelhafter Form auf diesen Aufnahmen!

PS: Den Sound der Aufnahme empfinde ich tatsächlich als einen wichtigen Teil des Erfolg des ganzen … „Albums“: man ist mittendrin, die Atmosphäre im Club wird auch mit eingefangen … die etwas dürftigen Tiefen (fiel mir allerdings nach „My Favorite Things“ viel weniger stark auf) und das leise Klavier nehme ich da wirklich schmerzlos in Kauf.

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"Don't play what the public want. You play what you want and let the public pick up on what you doin' -- even if it take them fifteen, twenty years." (Thelonious Monk) | Meine Sendungen auf Radio StoneFM: gypsy goes jazz, #165: 9.9., 22:00 | Slow Drive to South Africa, #8: tba | No Problem Saloon, #30: tba