Antwort auf: Rammstein

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bullitt

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bullschuetzHeute, in Zeiten des wegbrechenden Papiermodells, sind alle miteinander demselben Druck unterworfen, online Klickzahlen zu generieren und digitale Monetarisierungsmodelle aufzubauen. Das verändert natürlich die Berichterstattung. Zumal sich durch die digitale Revolution der Tempodruck radikal verschärft hat: Wer schneller ist, landet bei Google im Zweifel weiter oben, aus Tagesaktualität ist Minutenaktualität geworden. Ich glaube, die Folgen von all dem sieht man bei der Rammstein-Berichterstattung: Jedes Medium springt möglichst schnell auf und dreht das Thema weiter, selbst wenn es keine eigenen Recherche-Erkenntnisse dazu hat oder der neue Nachrichtenwert sich darin erschöpft, dass die Ärzte jetzt auch irgendwas dazu gesagt haben.

Das ist die Erklärung. Aber dient das auch als Rechtfertigung? Ich glaube es ist langfristig ein Himmelfahrtskommando, wenn sich Zeitungen und Magazine an der Geschwindigkeit von Twitter orientieren und möglichst zeitnah dortige Inhalte zu verwursten beginnen.

Die hier immer wieder implizit oder explizit anklingende Idee, dass Medien mit der Berichterstattung warten sollten, bis die Justiz den Fall eingeordnet, geklärt und gegebenenfalls abgeurteilt hat, ist gründlich zurückzuweisen. Wieviele Skandale unaufgedeckt geblieben wären, wenn Journalisten so ein devotes und obrigkeitshöriges Selbstverständnis gehabt hätten, lässt sich gar nicht seriös abschätzen.

Eine adäquate Verdachtsberichterstattung will  hier aber auch niemand klein reden, oder? Nur wenn aus einem recherchierten Artikel eines Magazins tausende weitere ohne neue Recherche, dafür gefüllt mit Mutmaßungen, Gerüchten, Vorverurteilungen und Verbotsforderungen folgen, wird es zu einem Problem.

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