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Ein Nebengeleise: Tony Kinsey machte natürlich weiter, als Harriott nicht mehr zu seiner Band gehörte. Vor vielen Jahren konnte ich mal zwei Kinsey-Veröffentlichungen von Dutton/Vocalion für Kleingeld kriegen. Die erste ist diese Doppel-CD mit seinen zwei Decca-Alben von 1957. „Introducing the Tony Kinsey Quintet“ wurde im Dezember 1956 und im Januar 1957 bei vier Sessions eingespielt. Mit dabei sind Don Rendell (ts), Ronnie Ross (bari), Bill Le Sage (p/vib) und Pete Blannin (b). Das Klangbild ist entsprechend dunkler – aber auch kühler. Harriott war die Art von Musikern, die eine Combo (aber nicht notwendigerweise eine Big Band – bei Scott kam noch dazu, dass es eine Pokerrunde innerhalb der Band gab) besser klingen lassen, sobald sie dabei sind. Das fehlt hier. Stattdessen gibt es kompetenten kühlen Kammerjazz, der von Bill Le Sages Arrangements lebt. Die Saxer und Le Sage wie üblich an seinen beiden Instrumenten steuern schöne Soli bei – alles ganz hübsch und klanglich gerade wenn die Vibes im Trio mit b/d zu hören sind („Sweet and Lovely“ mal in schnellem Tempo) schon sehr attraktiv – aber es fliegen halt wirklich kaum Funken. Schön auch das direkt folgende Ross-Feature „You Are Too Beautiful“. Rendell bleibt für meine Ohren – wie eigentlich immer vor dem Quintett mit Ian Carr – meistens etwas farblos.
Im Mai 1957 war Joe Harriott zurück bei Kinsey. Bob Efford am Tenorsax ist neu dabei, Le Sage und Blannin waren auch an dem Abend im Flamingo dabei, der hier dokumentiert ist. Es gibt sechs längere Stücke, zweimal aus dem Ellington-Orbit („Hi-Ya!“ und „I’m Beginning to See the Light“), zwei vom Chef-Arrangeur de Combo Bill Le Sage und je eines von Kinsey und Harriott („Just Goofin'“). Das wirkt lebendiger, nicht nur wegen der neuen Frontline sondern wohl auch wegen des Live-Settings, des direkteren, zupackenderen Spiels besonders des Leaders, der schon im Opener ziemlich aktiv zur Sache geht. Bob Efford klingt zwar ebenfalls recht cool, aber auf eine irgendwie ziemlich heisse Art, vielleicht ähnlich wie Al Cohn? Die Flektionen in seinem Spiel, seine Intonation erinnern auch an heisse Leute wie James Moody. Ich kenne von ihm nicht viel, aber an dieser Stelle überzeugt er mich mehr als Don Rendell.
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